Dänemark 2020 Teil 1
Dänemark 2020 Rømø
„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“, J.W. von Goethe (1749-1832). Also begaben wir uns – um noch gescheiter zu werden – wieder auf Reisen, und zwar am 9. August 2020.
Erst gegen 19 Uhr fuhren wir aus Malente ab, Richtung Norden, Ziel die Insel Röm in Dänemark. Ausgerüstet mit einem neuen Spielzeug, einer Dashcam, können wir jetzt den mehr oder weniger langweiligen (in Norwegen sicher spektakulären) Straßenverlauf filmen. Aber aufgepasst: die Kamera fängt auch den Ton ein, Feind hört also mit, was man so alles vom Stapel lässt. Wir beschlossen, bereits in Flensburg einen Übernachtungs-Stopp einzulegen und steuerten den kostenlosen Wohnmobil-Stellplatz am Industriehafen an, erwischten die allerletzte Lücke!
Der Stellplatz, es ist, was es ist: Auf der einen Seite Industrieanlagen plus der Kläranlage von 1962 (das geklärte Wasser wird der Förde wieder zugeführt), auf der Förde-Seite interessante Ausblicke auf Flensburg, der Schönen! So spazierten wir an diesem lauschigen Sommerabend entlang der Radfahrer-/Fußgänger-Promenade Richtung Mürwik, auf die Gebäude des ehemaligen Marinestützpunktes und den Yachthafen zu. Wie es scheint, wurden die Bauten der Marineschule in schicke Eigentumswohnungen umgewandelt; offenbar ein teures Pflaster – trotz der Nähe zur Kläranlage!
Im am Wasser gelegenen Lokal mit italienischen Spezialitäten kehrten wir auf ein Glas Wein ein. Vorschriftsmäßig – in diesen Corona-Zeiten – wurden Tisch und Stühle hier draußen desinfiziert und auf Abstand zu anderen Gästen geachtet.Welch ein toller Abend an der Förde – man hätte sich bei den Motiven wieder von Sinn und Verstand fotografieren können (was wir auch beinahe taten): Boote, Stand up-Paddler, Sonnenuntergang … Auf dem Rückweg dann die „kalte Dusche“. Wohl der Wärme geschuldet, müffelte es vom Klärwerk heftigst herüber. Es ist, was es ist ….
Montag, 10. August 2020
Nach dem Frühstück fuhren wir dem Navi nach, erst zum Discounter mit „A“, um unsere bescheidenen Weinvorräte aufzustocken, dann zu Mediamarkt, um noch einen 12 V Adapter für die Dashcam zu kaufen. Nun ging es endlich auf nach Dänemark, ins Land der glücklichen Menschen. Da soll alles „hygge“ sein, es meint: gemütlich, angenehm, nett und gut. Ich glaube, dass wir dort richtig sind!
Der Grenzübertritt bei Tønder gegen Mittag war kein Problem, keine Staus. Der Grenzbeamte stand ohne Kopfbedeckung in der glühenden Sonne, trug keine Maske, hielt aber Corona-Abstand zu uns und ließ sich die Pässe zeigen. Über den etwa 10 km langen Damm, den man kostenlos befahren darf, kommt man wenig später nach Rømø, Ø ist der dänische Umlaut und bedeutet gleichzeitig „Insel“, man kommt also auf der Insel Røm an. Oder auf Röm, deutsche Schreibweise, oder auf Rem/Rim, nordfriesisch … Die Insel hat nur 564 (Januar 2020) Einwohner, nicht mitgezählt sind die vielen Besucher, die hauptsächlich im Sommer die Ferienunterkünfte nutzen. Sie suchen Erholung und Spaß an den breiten Stränden( die teilweise mit dem Auto befahren werden dürfen) oder die Abgeschiedenheit in den kleinen Häusern, zwischen den Dünen und im Wald gelegen.
Unser Stellplatz ist „Die Oase“, ein neu angelegter Platz und wunderschön im Grünen gelegen. Die Übernachtung für einen Camper kostet 130 Kronen, was etwa 17€ entspricht. Schnell machten wir uns mit den Gegebenheiten vertraut. Aufenthaltsräume, Duschen, Toiletten in den beiden Gebäuden picobello gepflegt. Wir fühlen uns gut aufgehoben und wollen zwei Nächte bleiben.
Montag verbrachten wir allein schon wegen der Hitze am Platz, trauten uns erst gegen 20 Uhr in den 1,5 km entfernt gelegenen, größten Ort der Stadt, Havneby. Hier liegt der Fährhafen der Rømø-Sylt-Linie. In 40 Minuten kann man auf die berühmte deutsche Insel Sylt übersetzen, wenn man es denn mag. Allerdings landet man zunächst in List, es sind dann noch mal etwa 17 km, um in das spannende und deshalb meist von Touristen überlaufene Westerland zu kommen. Aber – wie wir hörten – geht es wegen der Corona-Zeiten auch auf Sylt deutlich ruhiger zu (auch hier etwa „hygge“ in Sicht?).
Im Hafen lagen ein paar Fischkutter. Einige Kioske bieten Fisch in vielen Variationen an mit dänischem Eis zum Nachtisch – wir liefen an einigen gemütlichen Gartenlokalen vorbei.
Eine Info-Tafel gab uns Einblicke in die Geschichte der Insel. So erlangte die Seefahrt im 16. Jahrhundert große Bedeutung.
Der Hafen von Ribe (Dänemarks ältester Stadt) war zu klein für die großen Hochsee-Kutter, also übernahm man hier die Funktion des Hochseehafens. Mitte des 17. Jahrhunderts war die Haupteinnahmequelle der Wal- und Robbenfang. Nicht mit eigenen Schiffen, sondern als Seeleute auf deutschen und holländischen Schiffen heuerten die Männer von Rømø an.
Man schätzte die Erfahrung dieser Männer und viele wurden Kapitäne, brachten Reichtum auf die Insel. Sie gehörten als Kommandeure zur Oberschicht. Wir nahmen uns vor, auf dem Weg von der Insel die St. Clemens-Kirche in Kirkeby zu besuchen. Die wunderschönen Fotos dieser Seemannskirche verlocken zu einem Besuch.
Den folgenden Tag verbrachten wir – wieder der Hitze geschuldet – am Wohnmobil mit Schreiben und Klönen mit unserem Stellplatz-Nachbarn, dieses Mal kein Engländer sondern ein Deutscher, mit dem wir uns über das Wohnmobil-Reisen austauschten. Er ließ uns an seinem 40 Jahre alten Schatz an gesammelten Erfahrungen teilhaben.
Mittwoch, 12. August 2020
Gegen Mittag verließen wir die schöne Oase und steuerten die St. Clemens Kirche an. Sie liegt auf dem Weg zurück zum Damm in Kirkeby und gilt als Wahrzeichen von Rømø. Etwa 80.000 Besucher jährlich zieht diese schöne und liebevoll gepflegte Kirche an. Wohl wegen Corona hielten sich nur wenige Touristen dort auf. Wir erfahren, dass St. Clement der Schutzpatron der Seefahrer ist und die Kirche, im 12. Jahrhundert erbaut, ihm später gewidmet wurde. Der Innenraum ist ganz in Weiß gehalten, von der Decke hängen die für Skandinavien so typischen und wunderschönen blank geputzten Messingleuchter. Wie es sich für eine Seefahrer-Kirche gehört, ist sie mit einigen kleinen, aber auch grösseren hölzernen Segelschiff-Modellen ausgeschmückt.. Wir freuen uns, dass wir diesen kleinen Halt eingelegt haben.
Da wir uns auch immer wieder mal die Vergänglichkeit allen Seins vor Augen halten, ließen wir den Rundgang über den Friedhof nicht aus. Sören Sörensen, Hans Hansen, Nils Nilsen, Peter Petersen, – hatten wir vorher noch über typisch dänische Namen spekuliert, hier fanden wir sie.
Reflections: Since ancient times seven pilgrim words have been used:
Simplicity, freedom, slowness, silence, carelessness, sharing and spirituality.
Does one of these words mean anything special to you?
Übersetzt:
Reflektionen: Seit alters her gibt es sieben Pilger-Weisheiten :
Einfachheit, Freiheit, Langsamkeit, Ruhe, Sorglosigkeit, Anteilnahme und Spiritualität.
Bedeutet Dir eine dieser Weisheiten etwas ?
Gesehen auf einem kleinen Erinnerungskärtchen aus der Kirche St. Clemens auf Rømø.
Wir fuhren ein paar Kilometer weiter zum Kommandørgården, einem Nationalmuseum Dänemarks. Gården bedeutet nicht einfach Garten, sondern meint Hof, Anwesen. Als Kommandeure wurden im 17. Und 18. Jahrhundert die Kapitäne der großen Walfangboote bezeichnet. Sie fuhren Wochen und Monate auf Handelsschiffen und waren an Walfang-Expeditionen im Nordatlantik maßgeblich beteiligt. Sie brachten es zu großem Wohlstand und Ansehen.
Auch hier hatten sich die Mitarbeiter des Museums gut auf die Corona-Situation vorbereitet. Es wurden jeweils nur 45 Besucher zur Besichtigung des Anwesens zugelassen und in den Räumen des Hauses waren Hinweise, mit wie vielen Personen man sich dort gleichzeitig aufhalten durfte. Maskenpflicht bestand nicht. Wir trugen sie trotzdem.
Die Zimmer waren kostbar ausgestattet, teilweise mit Delfter Kacheln. Es erinnerte an das “Pesel Museum” auf Hallig Hooge. Decken, Wände und Türen waren schön bemalt, offenbar legte man schon damals großen Wert auf „hygge“, trotz allem Zweckmäßigem eben auch auf Gemütlichkeit.
Das Haus hat einen großen Keller, in dem es sich bei der Hitze tatsächlich gut aushalten ließ. Außerdem ist es mit Reet gedeckt und hält insgesamt so die Wärme besser ab. In der Scheune kann man ein Wal-Skelett bewundern und die Größe eines Wals und den Mut der Walfänger bestaunen, die einst Jagd auf diese riesigen Tiere gemacht haben.
Die vielen Informationstafeln auf Dänisch, Deutsch und Englisch führten uns durch die Jahrhunderte und regten zum Nachdenken an: Geht es uns heute besser? Das mag jeder für sich entscheiden.
Haus und Anwesen wurden 1998 mit großer Sorgfalt und dank Spenden restauriert. Die 6,50€ für ein Ticket waren jeden Cent wert.
Zurück zum Festland ging es dann über den 9,2 km langen künstlichen Straßendamm, der im Dezember 1948 eingeweiht wurde und im Nationalpark des Dänischen Wattenmeeres liegt. Bei den drei großen Sturmfluten 1976, 1981 und 1999 wurden Teile des Damms schwer beschädigt, die Erneuerung war teuer und es wurde überlegt, ob man eine Gebühr für das Befahren erheben sollte. Das ist jedoch bis heute nicht geschehen.
Ribe, Dänemarks älteste Stadt
Natürlich konnten wir die älteste Stadt Dänemarks, das kleine Ribe, nicht auslassen. Es war nur eine halbe Stunde Autofahrt von Röm. Im 8. Jahrhundert gegründet, zählt Ribe heute etwa 8300 Einwohner. Hinzu kommen die vielen, vielen Touristen, die auch gerne mal einen Abstecher von Sylt, über den Hafen von List mit der Fähre nach Havneby und dann nach Ribe machen. Oder per Bahn von Westerland nach Ribe, so geht’s auch.
Wir hatten Glück und fanden am Bahnhof einen Parkplatz für unser großes Fahrzeug, das ist nicht immer so leicht …
Was soll man sagen? Ribe ist einfach zauberhaft. Hübsch und “hygge” ist es hier! Alte, in schönen Farben gestrichene, restaurierte Häuschen in kleinen engen Gassen sorgen gleich für Wohlfühl-Atmosphäre. Es geht lebhaft und dennoch gelassen zu. Restaurants und Straßencafés wirken einladend und die Tische sind gut besetzt. Kaum Abstände, Corona scheint hier noch nicht angekommen zu sein. Wir halten aber Abstand, wollen nur bummeln und können uns nicht satt sehen an den schönen Häusern, den kleinen Läden und Galerien mit Kunsthandwerk (Glas- und Töpferkunst). Auch der großen Domkirche im Zentrum statten wir einen Besuch ab.
Das dänische Vergnügen, Loppenmarked (oder einfach nur Loppe) zieht auch uns an, und wir bummeln am kleinen Bootshafen entlang, die Stände des Flohmarktes durchforstend. Auch in einem privaten Innenhof entdecken wir das Loppe-Schild und schauen mal. Viel Glas, Töpferware, altes Silber sucht seine Käufer. Vom Keller wandert so einiges in den Hof oder Hauseingang und wird zum Verkauf angeboten – dieses Mal widerstehen wir noch…
Wir kaufen auf dem Markt Tomaten, Äpfel und Bananen vom netten Händler, der gleich nach dem Woher/Wohin fragt und uns vier leckere Pflaumen aus seinem Sortiment schenkt.
Hvide Sande
Dann geht es weiter zum Tagesziel, 1 ½ Stunden etwa in nördlicher Richtung nach Hvide Sande.
Der ausgewählte Stellplatz am Hafen in der Nähe von Windrädern (Industriehafen und Fischverarbeitung) gefiel uns überhaupt nicht. Kaum Platz, allerdings war es ja auch schon gegen 17 Uhr, spätes Ankommen sichert einem eben immer die schlechtesten Plätze! Außerdem waberte ein fürchterlicher Gestank von Fisch(-resten) in der Luft – wohl auch dem heißen Wetter geschuldet. Andere Wohnmobil-Parker schien es nicht zu stören, und Frederick meinte, wer Fisch mag … ER mag Fisch, aber Gott sei Dank war es auch ihm hier zu viel des Guten (??).
Also zurück in den Ort. Auf dem dortigen Stellplatz – gleichzeitig ein Parkplatz für Strandbesucher – fanden wir den letzten für uns möglichen Platz neben dem Sanitärgebäude. Duschen, Toiletten, Ver- und Entsorgung für Wohnmobile, Außenduschen für die Strandbesucher – alles da, nur leider genau neben uns. Manchmal hat man eben keine Wahl. Wir bezahlten am Ticketautomaten die 19€ Übernachtungsgebühr und richteten uns auf dem mit Schotter und Sand aufgefüllten Platz ein. Dann ab zum Strand, der direkt hinter uns lag und über eine Steintreppe die Düne hinauf zu erreichen war.
Hier war es natürlich toll und es gab Platz für viele, ein langer und breiter, endlos scheinender Strand mit beinahe weißem Sand(Hvide Sande – Weißer Sand!).. Zwei Stunden vertrieben wir uns die Zeit,- Steine und Muscheln sammeln, zur Abkühlung die Füße im klaren und kühlen Nass der Nordsee…. dann wurde es Zeit für das Abendessen.
Donnerstag, 13. August 2020
Zum Glück hatten wir eine ruhige Nacht gehabt und es waren keine Horden später Strandbesucher und Partygänger an unserem Wohnmobil vorbei gezogen.
Wir hatten inzwischen herausgefunden, dass unser Neffe Lars mit seiner Familie nur eine halbe Stunde von uns entfernt (in Bork) Urlaub in einem Ferienhaus machte. Kurz entschlossen verabredeten wir uns zu einem Treffen und Lars und Daniela besuchten uns mit ihren beiden Lütten, Lukas und Moritz. Alle waren in bester Laune, hatten sie doch schon zwei Wochen Entspannung mit dänischer Hygge hinter sich. Wir liefen zusammen durch den Ort, der Bummelmeile für Touristen und Industriehafen zugleich zu sein scheint – auf der Suche nach den Robben, die sich ab und zu im Hafenbecken tummeln sollen, nur heute natürlich nicht! Als Ersatz dafür gab es ein Eis für die Jungs und einen Besuch am soundsovielten Bunker. Sie hatten bereits vorher einige Relikte an der Küste Dänemarks besichtigt, für zwei abenteuernde Jungen immer interessant. Zurück am Wohnmobil saßen wir noch eine Weile zusammen, bis es Zeit zum Aufbruch war.
Für die Familie ging es zurück nach Bork, für uns – weil wir inzwischen nach einen schöneren Platz Ausschau gehalten hatten – weiter zum nahen Lyngvig Campingplatz in den Dünen, also nicht weit vom Meer. Auf dem kurzen Weg dorthin kauften wir einiges beim Aldi ein und befanden bei Ankunft am Platz: hier wollen wir zwei Tage bleiben (etwa 22€ pro Übernachtung).
Wir hatten uns nach der Anmeldung im Büro einen Platz mitten in den Dünen aussuchen können. Es gab keine engen Parzellen, sondern genügend Platz für alle Erholung Suchenden!Es war an diesen beiden Tagen, an denen wir blieben, so heiß (30 Grad), dass wir uns am besten am Wohnmobil unter der Markise und hinter dem neuen Sonnenschutz aufgehoben fühlten. Erst am Abend liefen wir etwa 20 Minuten durch die Dünenlandschaft hinunter an den Strand, und dort ging’s auf eine lange Wanderung.
Auf dem Rückweg orientierten wir uns an dem wunderschönen 53 m hohen Leuchtturm, der 1906 als der letzte an der dänischen Nordseeküste errichtet wurde. Der Anlass für den Bau war die Strandung eines Dampfschiffes drei Jahre zuvor, bei dem 24 Seeleute ihr Leben gelassen hatten.
Wer mag, kann sich gern die 228 Treppenstufen hinaufschwingen, bis zur Aussichtsplattform. Bei der Hitze mochten wir es nicht! Aber man kann ja wiederkommen. Der Leuchtturm, Lyngvig Fyr, ist ganzjährig geöffnet und bietet außer einem Café, einer Ausstellung auch noch einen kleinen Souvenir Shop.
Die zwei Tage vergingen wie im Flug. Entspannung pur. Jeden Tag liefen wir, allerdings erst am Abend, etwa zwei Stunden am Strand entlang. Ansonsten faulenzen, lesen und gemeinsam am Reisebericht arbeiten. Heute checken wir aus.
Nächstes Ziel ist die nur 21 km entfernte Kreisstadt Ringköbing, am Nordufer des Ringköping Fjords gelegen.