Bordeaux
Montag, 8. April 2019
Stellplatz zwischen Pferden und Weinstöcken
Für den nächsten Stopp hatten wir die Weinbauregion Medoc ins Auge gefasst. Was lag wohl näher als die Stadt Bordeaux, die aber keinen Stellplatz für Wohnmobile anbietet. Wie schon vorher meine Beschwerde, dass die Großstädte sich schwer tun, Plätze für die Wohnmobil-Reisenden zur Verfügung zu stellen. Schade! So buchten wir uns auf dem etwas außerhalb gelegenen Weingut Cháteau Saint Ahon in Blancquefort für 7€ die Nacht ein. Geboten wird außer Müllentsorgung nichts (also keine Ver- und Entsorgung), außer dem Stehen im Grünen, der Pferdekoppel mit den neugierigen Pferden nebenan und einer Petit Boutique mit einheimischen Produkten wie natürlich dem Wein (Rot/Rosé/Weisswein), Konfitüren, Foie Gras (nichts für uns) und anderen Leckereien. Das Gut ist bei “France Passion” gelistet (einem Verzeichnis von ländlichen Stellplätzen) und ist man im Besitz der gültigen Mitgliedskarte, zahlt man geringfügig weniger.
Leider kamen wir im Regen an und die Zufahrt zum Stellplatz war entsprechend matschig. Der Platz selbst ist aber mit kleinen Steinen befestigt, so dass man sich nicht fest fährt. Im Shop wurden wir herzlich in Empfang genommen und mit vielen Informationen versorgt. Es hatte zu regnen aufgehört und wir wollten noch mal kurz Luft schnappen und die 25-minütige Route zur Tram bzw. Bahn ablaufen. Per Fußgänger-Navi versuchten wir, uns in den vielen kleinen Wohnstraßen zurecht zu finden. Irgendwie klappte das nicht, so dass wir uns sogar (peinlich, falsche Richtung!) verliefen! Langer Rede – kurzer Sinn: am Ende wurde aus dem kurzen Weg eine zweistündige Wanderung … am Ende war aber der Bahnhof in Sicht! Das musste gefeiert werden mit einem Glas Wein im Wohnmobil, zu Brot und Käse, zum Kochen hatte ich keine Lust mehr. Immerhin waren wir ja auf einem Weingut.
Dienstag, 9. April 2019
Eintauchen in das pulsierende Leben einer französischen Großstadt
Früh aus den Federn, Nebel waberte über den Feldern, liefen wir den nun bekannten Weg zur Bahn. Etwas hilflos mit dem Ticketschalter, erklärte uns ein junges Mädchen, dass es mit der Tram billiger und schneller wäre, um nach Bordeaux zu kommen: 1,70€ pro Person – 25 Minuten Fahrtzeit. Den Rat nahmen wir gern an und liefen ein paar Schritte weiter zur Tram-Station. Gegen 10 Uhr ließ es sich noch gut fahren, keine überfüllten Abteile. Inzwischen war das Wetter schön geworden. Wir stiegen im Zentrum am Place de la Bourse, gelegen am Fluss Garonne aus. Somit waren wir mittendrin im historischen Teil der Stadt, das als UNESCO Welterbe gelistet ist.
Auch hier beeindruckt uns wieder die Architektur der Häuser und Straßenzüge aus dem 18. Jahrhundert. Wir bewunderten den Brunnen der drei Grazien, die imposanten Kirchengebäude und Wohnhäuser, liefen die Promenade am Fluss entlang und suchten nach Hilfe im Touristen-Büro. Leider war es zu spät für eine Stadtführung, sie wurde nur einmal am Tag, 10 Uhr, in englischer Sprache angeboten. Hier muss nachgebessert werden … So waren wir uns selbst überlassen und es blieb nur das Bummeln und Staunen über die vielen Plätze und Bauwerke und Einkaufsstraßen, in denen es äußerst geschäftig zuging.
Bordeaux hat etwa 252.100 Einwohner, ist Universitätsstadt und lt. Wikipedia politisches, wirtschaftliches und geistiges Zentrum des französischen Südwestens. Hier tobt wirklich das Leben – und wir mussten aufpassen, dass wir nicht von den kreuz und quer fahrenden E-Fahrzeugen (Autos ausgenommen) wie Fahrrädern, Sedgways, Rollern, Skateboards, Monowheels (Einrad) überrannt wurden. Es musste eben jeder aufpassen …
Das Angebot an Restaurants und Cafés ist überwältigend und machte die Entscheidung, einzukehren, nicht leicht. Fredericks Glück mit ”Fisch ist aus” wiederholte sich und er entschied sich für die Soupe, Pilzsuppe mit Brot, mal ganz was anderes …
Ich gönnte mir eine leckere heiße Gaufre (Waffel). Frisch gestärkt, hier und da ein Souvenir gekauft, liefen wir die weiteren Straßen ab und entdeckten immer wieder neue schöne Plätze, eine Freude für den Fotografen. In einer Seitenstraße fand ich ein Friseurgeschäft. Der Typ, der einer Frau gerade die Haare schnitt, sah interessant aus: Stoppel-Haarschnitt in Regenbogenfarben, Schlabberlook-T-Shirt, Stiefeletten und sehr kurze Boxershorts. Überhaupt war der ganze Laden künstlerisch angehaucht mit Bildern und verrückten Dekorationen. Eine junge Frau nahm sich meiner an und begann zu schnippeln, immer kürzer. Sie sprach gut Englisch und erzählte, dass sie sich noch in der Ausbildung befände, irgendwann ans Theater als Visagistin gehen wollte. Der Laden würde von Künstlern immer wieder neu eingerichtet und gestaltet. Ich war mit dem Haarschnitt zufrieden, sie berechnete statt 28€ nur 18€, also ein Volltreffer für mich! In Hamburg wäre es in so einem “In-Laden” sicher teuer geworden! Frederick hatte sich in die Bar gegenüber gesetzt und ob des warmen Wetters ein Bier gezischt.
Wir freuten uns dann aber auch, den ganzen Trubel hinter uns zu lassen und per Tram den Rückweg anzutreten. Die Abteile der Bahn hätten wegen Überfüllung geschlossen werden müssen, alle schienen sich auf dem Heimweg zu befinden. Es war ein fürchterliches Gedränge. Erst nach der Hälfte der Strecke leerte sich die Tram soweit, dass wir Sitzplätze ergattern konnten.
Ruhe und Frieden auf dem Lande, an unserem schönen Chateau, wo wir in der Boutique schon zur Weinprobe erwartet wurden. Das war entspannend nach der Geschäftigkeit in der Stadt – und ja, natürlich kauften wir einiges (Wein und kleine Geschenke für die Lieben zu Hause).
Obwohl Bordeaux uns sensationell gut gefallen hat, ist es aber auch weitläufig und für einen Tagesbesuch sensationell anstrengend…
Meine Favoriten bleiben die kleinen überschaubaren Städte. Wohin also als nächstes? Wir entscheiden uns für die Hafenstadt La Rochelle am kommenden Reisetag.