Baltimore
Samstag, 16. Juni 2018
Baltimore Beacon und Gespräch mit einer Burgherrin
Auf teilweise schmaler Straße fuhren wir nach Baltimore hinein. Dort fanden wir einen geeigneten Parkplatz gegenüber einer Reihenhaussiedlung.
Stellplatz Koordinaten: N51.485991, O-9.369902
Baltimore ist einer der südlichsten Orte in Irland, ein kleines Nest südwestlich von Skibbereen gelegen. Der Hafen mit den umliegenden kleinen Cottages wieder mal wie aus dem Bilderbuch. Fähren laufen Sherkin Island, Cape Clear Island und Schull auf der Mizen-Halbinsel an. Wassersport (Segeln, Tauchen), Wanderwege, der Baltimore Beacon und Gourmet Restaurants ziehen Touristen hierher.
Im Sommer finden einige Festivals statt, so an diesem Wochenende das Pirate Festival. Da passte die am Hafen gelegene alte Burg mit Ihrer Piraten-Ausstellung gerade richtig dazu. Zwei Piraten-Musiker krampften vor dem Pub auf Ihren Gitarren und sangen ein paar Shanties. Doch es war stürmisch und recht ungemütlich, so dass keine richtige Stimmung aufkommen wollte. Solange die Sonne (und Wind!) mit uns war, wollten wir uns erstmal auf den Küstenweg zum Beacon begeben. Ein kurioses Seezeichen (ohne Leuchtfeuer) auf einer, in den Atlantik hinausragenden Felsnase. Auch Autos, aber eher nur Pkws, können bis zu einem kleinen Wendeplatz hinauffahren. Der Rest muss auf schwierigem Felsgelände erklettert werden. Mich verließ der Mut, als die Frau vor mir beidrehte und umkehrte, Frederick zog zügig an ihr vorbei. Ich nahm dann meinen ganzen Mut zusammen (bin ja nicht ganz höhentauglich …) und kletterte auf allen Vieren an den Felsvorsprüngen hoch. Geschafft! Die Aussicht von dort oben grandios! Der Wind pustete einen fast “aus dem Anzug”! Ein paar Fotos geschossen und dann zurück auf dem ungefährlicheren (hallo, Brennnesseln!) aber überwucherten Trampelpfad.
Mitten im Ort steht die kleine Burg “Dun na Sead”. Soviel Burgen schon besichtigt, sollen wir diese auch oder nicht? 5 € pro Person setzten wir dann doch noch mal ein – und wie gut, dass wir es taten. Wir bezahlten das Eintrittsgeld bei Bernadette McCarthy, der Burgherrin selbst und unterhielten uns dann mit ihr eine Weile. Sie wohnt dort mit ihrem Mann, der dem Clan der McCarthys angehört. Von März bis Oktober, 11 bis 18 Uhr heißt sie an 7 Tagen pro Woche Touristen in ihrem Heim willkommen, unglaublich!Sie war die Ruhe selbst, und wir erfuhren viel von ihr, zum Beispiel, dass Mc oder das O‘ (O‘Donnell, O‘Brian) und auch das vorgestellte “Fitz” (Fitzgerald) die Bedeutung von “Sohn von” haben. Die Burg wurde ca. 1215 von dem Anglo-normannischen Sleyne erbaut und wurde Stammsitz des O‘Driscoll Clans für 300 Jahre. Es war das Hauptquartier für Handel und Piraterie des Clans (!). Jedoch ereilte sie auch selbst ein Schicksal: 1631 fiel eine Gruppe algerischer Piraten in Baltimore ein und schnappten sich 107 Menschen (alles Engländer) aus der Bevölkerung. Diese wurden als Sklaven in Nord-Afrika verkauft. Es gibt eine namentliche Aufstellung der Entführten, keiner kam jemals zurück. Dann wird’s wieder politisch: man glaubt, dass es sich hierbei um englische Siedler handelte, die irischen Geraubten wurden nicht erwähnt. Die Gerüchteküche blühte: Der englische Attaché in Algerien hatte von einer größeren Anzahl von Menschen gehört. Ich belasse es bei dieser kurzen traurigen Geschichte.
Bernadette (genannt Bernie) und ihr Mann hatten das Castle in 1997 als Privatleute erworben. Es war nur mehr eine Ruine. Bis 2005 restaurierten sie es, mussten viele Regeln einhalten, weil es ein gelistetes historisches Gebäude ist. Eine Fußbodenheizung unter den Eichenbohlen war erlaubt. Innen ist es eingerichtet, wie man sich eine Burg eben vorstellt. Frederick hat einige Fotos gemacht. Eine gigantische Aufgabe, die diese beiden bewältigt haben!
Nach soviel Geschichte mussten wir erstmal in den Pub, um ein Bier zu trinken. Dort bediente uns ein junges Mädchen. Auf meine Nachfrage (ich hatte einen Akzent herausgehört) erzählte sie, dass sie aus Tirol in Österreich kam und als Barmaid über die Sommermonate hier arbeiten wollte, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Wir wünschten ihr einen schönen Sommer und trollten uns, Richtung Wohnmobil. Pause war nötig, nach soviel Erlebtem! Im Pub fragten wir nach, ob das Übernachten auf dem Platz, wo wir geparkt hatten, gestattet sei, bestätigte er uns dies. “No problem”! Wir entschlossen uns daraufhin , hier zu übernachten, denn es versprach eine ruhige Nacht zu werden, besonders weil wir dort auch windgeschützt standen.
Für den nächsten Tag planen wir die Weiterreise zum Mizen Head, dem südwestlichsten Punkt Irlands, wahrscheinlich so etwas wie Lands End in Cornwall. Werde berichten!