Karlskrona
Mittwoch, 12. August 2015
Fährüberfahrt von Gdingen nach Karlskrona
Nach der sehr unruhig verbrachten Nacht, für die wir auch noch 10€ bezahlt hatten (weil per Kamera überwacht) sprangen wir erleichtert aus den Betten, 7.15 Uhr, schnelles Frühstück und dann einreihen in die Warteschlange der vielen Lkw’s, Pkw’s und Wohnmobile, die alle auf die Fähre wollten. Nun war es bestimmt von Vorteil, dass wir so nah an der Fähren-Zufahrt waren – nur wenige Minuten davon entfernt. Halten wir die Hafenanlagen in Dover schon immer für unübersichtlich und chaotisch, schlägt man hier bloß die Hände über dem Kopf zusammen. Wenige Einweiser, schlecht ausgeschildert, man fährt wie die anderen Suchenden einfach irgendwem hinterher in der Hoffnung: der weiß schon, wohin …
Gegen halb neun kam Bewegung auf und die Beladung der Fähre begann. Auf dem Schiff wurden wir zwischen den riesigen Lkw’s auf eine sehr enge Lücke eingewiesen. Wir quetschten uns aus der Tür und durch schmalste Gänge, bewaffnet mit Kamera, Kissen, Kaffee und Broten und suchten im Schiff den Aufgang zum Sonnendeck. Das Wetter versprach, wunderschön zu werden, es wurde also eine Mini-Kreuzfahrt, 10 1/2 Stunden auf See, Schiff ahoi!
Vom Sonnendeck aus hatten wir einen fantastischen Blick auf Gdynia’s Industriehafen, der uns riesig erschien mit all seinen Anlagen und großen Kränen. Und siehe da, auch ein großes Kreuzfahrtschiff lag vor Anker, die “Carribbean Princess“.
Pünktlich um 9.00 Uhr legte unser Schiff, die “Stena Spirit” ab. Die See lag ruhig vor uns, die Liegen an Deck wurden vom Personal “entfesselt” und für uns Passagiere freigegeben. Ach, war das herrlich, es sich bequem zu machen, mit allem versorgt zu sein – und dazu war es auf der Fähre noch nicht mal voll, noch besser! Musik wurde auch noch eingespielt, was will man mehr … Wir holten unsere Bücher heraus und lasen, dösten, entspannten. Frederick liest gerade “Das böse Mädchen” von Mario Vargas LLosa auf Schwedisch “Den stygga flickans rackartyg”.
Am frühen Nachmittag verdunkelte sich der Himmel ein wenig und wir gingen unter Deck. Auch hier konnte man es sich bequem machen, das Schiff erkunden, vor allem den riesigen Shop inspizieren. Das Übliche: Parfum, Alkohol, Schokolade und Souvenirs. Frederick entschied sich für ein tolles Baseball-Cap mit einem aufgestickten silbernen Elch! Ja, Schweden und seine Elche. Gibt es noch ein Wohnmobil, das KEINEN Elch-Aufkleber am Wagen hat? Aber warum auch nicht, die Sticker erzählen ja auch Geschichten des Reisens.
Während der Einfahrt in den Hafen von Karlskrona wurden wir von Schlauchbooten “angegriffen”. Offenbar benutzten schwedische Marinesoldaten die Einfahrt des großen Schiffes für ein Angriffsmanöver. Das sah schon recht spektakulär aus, als sich die beiden Schlauchboote der Schiffsgeschwindigkeit anpassten und sich gegen den Rumpf drückten und dann plötzlich wieder mit enormer Geschwindigkeit davonmachten.
Gegen 19.30 Uhr legte die Fähre in Karlskrona an. Wir waren zuerst auf dem falschen Deck und fanden unser Wohnmobil nicht, – Panik – also zurück, durch die Riesenaufbauten der Lkw’s gezwängt und zum darüber liegenden Deck, hier fanden wir unser Wohnmobil. Frederick musste es noch schnell vom Strom “abnabeln” – während der Überfahrt waren am Bordstrom wegen des Kühlschranks angeschlossen worden, denn der Gasbetrieb ist an Bord nicht erlaubt, und dann rollten wir auch schon von Bord.
Die Hafenanlage auf der schwedischen Seitewar deutlich kleiner und daher überschaubarer. Frederick war dem Tipp von Husbilsklubben (schwedischer Reisemobil-Club) gefolgt und nach 15 Minuten hatten wir unseren kostenlosen Übernachtungsplatz am Stadtrand und nahe an der Ostseeküste erreicht. Und wie toll war der! Ein Rastplatz mit Bänken, Tischen und einem gepflegten Toilettenhäuschen im Grünen. Sogar eine Entsorgungsstation für chemische Toiletten gibt es hier, brauchten wir aber nicht. Wir standen allein, machten uns noch ein gemütliches Abendbrot und hatten sogar Fernsehempfang. Irgendwann war dann Schlafenszeit und diesmal schliefen wir beide ausgezeichnet.
Donnerstag, 13. August 2015
Karlskrona
Wir nahmen dankend an, draußen am Picknickplatz zu frühstücken. Es war ein sonniger Morgen.
Danach ging’s in die Stadt auf Parkplatzsuche. Wir waren ja schon einmal vor zwei Jahren hier, nur bei erheblich schlechterem Wetter. Frederick kannte sich noch gut aus und steuerte Richtung Ostseite, wo wir einen Tagesparkplatz ergattern wollten. Doch dann sahen wir am Hafen eine Menge Wohnmobile stehen und fuhren kurzerhand auf den Platz. Hier standen sie aufgereiht, eines neben dem anderen. Große, kleine, alte und neue Wohnmobile. Wir wählten den letzten freien Platz mit Blick aufs Wasser und fragten unseren schwedischen Nachbarn, wie es mit dem Übernachten/Parken hier funktioniert. Sensationell: man bezahlt beim Hafenmeister 180 Kronen (ca. 20 Euros pro Übernachtung), erhält den Code zum nagelneuen Sanitär-Gebäude (alles vom Feinsten), 4 (Miele)Waschmaschinen und 4 Trockner, alles, was der Segler und Auto-Reisende braucht, inklusive. Jedem Stellplatz war ein Picknick-Tisch auf Meerseite zugedacht. Rechts und links viel Platz, 4 Meter auf beiden Seiten zum nächsten Wohnmobil, Luxus pur! Das hat mit Brandschutz zu tun, falls mal ein Wohnmobil Feuer fängt …
Nachdem wir uns eingebucht hatten, gingen wir in die Stadt, ins Touristenbüro und fragten nach dem nächsten Telefonshop (Internet Daten-Simkarte für Schweden). Dort erhielten wir für 99 Kronen 5 GB. Wenn die verbraucht sind, können wir in jedem Zeitungskiosk weitere GB nachkaufen.
Wir kannten uns ja bereits etwas aus in Karlskrona, dieser hübschen Stadt mit ca. 35.200 Einwohnern. Sie liegt in der südschwedischen Provinz Blekinge. Das Orientieren war anhand des Stadtplanes noch leichter. Hier war eine touristische Route mit 14 Punkten eingezeichnet, der wir folgten. Ursprünglich war Karlskrona auf mehr als 30 Inseln entstanden, man erkennt es heute noch im Stadtbild (viele Brücken). Von König Karl XI. unter der Leitung des Admirals Hans Wachtmeister wurde die Stadt 1678 als Flottenstützpunkt ausgebaut.
Die kleine Insel Stumholmen, die früher ein Marinestützpunkt war hat man mit dem Bau eines modernen Seefahrtmuseums touristisch aufgewertet. Hier sind auch zwei ausgemusterte Kriegsschiffe (ein Minenleger und ein Torpedoboot) und das ehemalige Segelschulschiff “Jarramas” vertäut und können besichtigt werden. Die früheren Kasernen sind zu Wohnhäusern umfunktioniert worden. Außerdem gibt es hier auf der Insel das größte Freibad Karlskronas, direkt an der Ostsee gelegen.
Leider kam es 1790 zu einem großen Brand. Dennoch gibt es viel Altes in der Stadt zu entdecken, schöne restaurierte Holzhäuser (besonders im Viertel Björkholmen), sowie das Rathaus und die Kirchen. In der roten, ganz aus Holz gebauten Admiralitätskirche, genannt “Ulrica Pia” (die heilige Ulrica) kamen wir mit dem jungen Svante (wohl 16 Jahre alt) ins Gespräch. Er machte dort als Ferienjob die Aufsicht und verkaufte Kaffee und Kuchen (1 €) in der Kirche, das wir dort auf der Kirchenbank auch gleich verzehren konnten. Er probierte seine Deutsch- und Englischkenntnisse an uns aus, erzählte, dass er gern reist (London und New York schon erlebt) und nach der Schule ein “Gap-Year”, ein Reise- und Erfahrungsjahr einlegen möchte, bevor Beruf und Familiengründung an der Reihe sind. Und dann sagte etwas sehr Bemerkenswertes: Er fühle eine gewisse Verantwortung und ist sich des Privilegs bewußt, dass er die Freiheit genießen kann, sich für dieses oder jenes entscheiden zu können. Nicht alle Menschen hätten solche Möglichkeiten, leider. Er müsse daraus etwas machen. Worte eines Teenagers, da müssen die Eltern wohl etwas richtig gemacht haben …
Wir schlenderten durch die Einkaufsstraßen mit den hübschen Lädchen und Cafés und gingen zurück zum Stellplatz, denn es hatte sich in den letzten drei Wochen eine Menge Wäsche aufgetürmt. Gegen 17 Uhr machte ich mich gleich an die Arbeit damit. Zum Glück, denn etwas später standen mehrere Leute dort Schlange: Segler und Wohnmobilisten mit ihren Wäschekörben beladen!
Wir verbrachten den Abend mit Lesen, Essen und freuten uns über die tolle Aussicht auf den Hafen.