Kap Kolka und Jurmala
Kap Kolka, Montag, 19. August 2019
Am nördlichsten Punkt des Kurlandes
Der Fischerort Kolka liegt im Westen Lettlands und ist der nördlichste Punkt der Region Kurland. Wir verzichteten darauf, die livischen Dörfer entlang des Weges nach Kolka zu besuchen, weil die Zuwegungen dorthin über Schotterwege und unbefestigte Waldwege führen. Die Liven sind eine finno-ugrische Bevölkerungsgruppe, nicht mit den baltischen Letten, sondern mit den Esten und Finnen verwandt. Kamen Menschen im Mittelalter über den Seeweg nach Lettland, begegneten sie als erstes den Liven. Deshalb war das Land damals als Livland bekannt. Nur noch eine Anzahl von etwa 170 Menschen betrachtet sich als Liven. Sie pflegen ihre eigene Sprache, die jedoch weder Finnen noch Esten verstehen – außer ein paar Worten.
Nach Kolka, an die markante Landspitze zieht es die Menschen, weil am Horn von Kolka (Kolka rags), an der Irbenstraße Ostsee und Rigaer Meerbusen zusammen treffen. Das Gebiet liegt innerhalb des Siltere Nationalparks. Über Fahrradwege gelangt man von hier zu den livischen Dörfern, wer also mag …. Wir sprachen mit anderen Deutschen, die genau das planten.
Bei unserer Ankunft am Kap kamen wir an die Schranke zu einem Parkplatz. Eine Stunde Aufenthalt sollte 3€ kosten. Der junge Mann erklärte uns aber sofort, dass es ein paar Meter weiter einen kostenlosen Parkplatz im Wald gäbe, auf dem Wohnmobil-Reisende auch gefahrlos übernachten könnten. Ist ja klar, dass wir den dann ansteuerten. Der relativ große Platz auf der Lichtung war mit Plumps-Toilette und Müllcontainern ausgestattet und es war sehr sauber, wie überall.
Auf dem kurzen Weg zum Strand stand ein Aussichtsturm, etwa 20 Meter hoch. Frederick konnte nicht umhin und stieg auf, mir war das deutlich zu hoch! Mehr als ich hatte er auch nicht sehen können, weil die umliegenden hoch gewachsenen Kiefern inzwischen die Sicht verdeckten. Abhaken unter „sportliche Übung“ also. Toll war aber die üppig blühende Heide links und rechts des Weges. Ist das Ende des Sommers in Sicht?
Am Meer war es spannend: nicht nur, dass wir bei im starken Wind die Strudel beim Zusammentreffen von Ostsee und Meerbusen beobachten konnten, auch zahlreiche Funde von Treibholz am Strand spielten uns in die Hände, das kann man wirklich nicht liegen lassen (Helga bemalt es so schön und wird bald wieder zu tun haben …). Vielleicht wird das mal ein Workshop mit ihr und uns! Der starke Wind führte zu interessanten Formationen im Sand. Hier zwei Fotos:
Übrigens ist Baden dort gefährlich und somit verboten, aber natürlich geht es, mit den Füßen im Wasser und im herrlich weißen und weichen Sand zu laufen, fantastisch! Übrigens auch zahlreiche Fotomotive erfreuten Frederick, den Fotografen.
Am Ende unserer Wanderung kamen wir am zuerst angelaufenen Parkplatz an, der einen Souvenir-Shop und ein besonders schönes Waldcafé bereit hält. Hier kehrten wir ein und saßen auf dem Oberdeck, es gab leckere Beeren-Pie mit Sahne und einer Tasse Kaffee für insgesamt 7€, in Städten haben wir dafür schon das Doppelte bezahlt.
So allein hier im Wald zu übernachten, passte mir eigentlich nicht. Am Strand begegnete uns dann aber ein Paar aus Karlsruhe, auch per Wohnmobil unterwegs. Sie wollten auf jeden Fall hier bleiben, da sie für den nächsten Tag die Fahrradtour zu den livischen Dörfern (über 50 km) eingeplant hatten. Nun ja, da waren wir schon zwei Fahrzeuge. Später gesellte sich noch ein Holländer hinzu. Das beruhigt und wir schliefen richtig gut, ohne Light Pollution (Lichtverschmutzung!) und Störung durch rebellische Jugendliche! Das Rauschen des Meeres begleitete uns wie auf so vielen Stellplätzen bisher, da so häufig in Strandnähe, toll!
Jurmala, Dienstag, 20. August 2019
So langsam müssen wir uns ein wenig beeilen, soll es am 26. August doch per Fähre für drei Tage nach Helsinki gehen, ab Tallin, da müssen wir ja nun noch rechtzeitig hinkommen …
Nach dem Frühstück ging es also sofort weiter mit unbedingtem Halt in Jurmala, dem letzten Stopp vor dem – wie wir hörten und lasen – großartigen Riga. Die Strecke (P131) führte uns auf guten Straßenverhältnissen durchs Land, blühende Heide, hier und da parkten Autos am Straßenrand: aha, die Blaubeeren-Sammler/innen. Und da sahen wir sie auch schon in den Waldrändern. Es scheint eine Tradition zu sein, genau wie wir es von unseren schwedischen Freunden kennen, aus der Freude heraus, sich in der Natur zu bewegen und der Sammelleidenschaft nachzugehen. Später wird dann alles verarbeitet zu Blaubeerkuchen, -Pfannkuchen und Marmelade, der pure Genuss.
Wir fuhren an nicht enden wollenden Kiefernwäldern vorbei, im Wechsel mit Birkenwäldern, einer Landschaft, die uns wieder an Schweden erinnerte. Hier und da gab es Bushaltestellen, überwiegend neue Bänke und daneben einem Papierkorb. Das muss man wirklich mal betonen, wie sauber die Länder Polen, Litauen und Lettland sind! Auch die Städte, nie mussten wir Slalom laufen wegen der berühmt-berüchtigten Hundehaufen bei uns, ja – auch bei uns in Malente! Es gibt bei weitem nicht so viele Hunde im Stadtbild, und wenn, dann eher sehr kleine. Hat vielleicht mit der Wohnsituation zu tun oder was weiß ich! Es ist auf jeden Fall beeindruckend und wohltuend fürs Auge, dass auch vom Strand jeder seinen mitgebrachten Kram wieder mitzunehmen scheint und nicht irgendwo hinwirft. Ach, wenn das doch nur mal wieder in Deutschland Schule machen würde …
Kurz vor Jurmala fuhren wir einen der vielen Parkplätze an, neugierig geworden durch die vielen anderen Autos, die dort standen. Für 1€ pro Stunde konnte im Wald geparkt werden, 300 Meter vom Strand entfernt. Heute war das Parken kostenlos, da nach dem Wochenende doch mal Großreinemachen angesagt und nötig war: die Mülleimer quollen über, wie immer, wenn die Masse Mensch kommt. Wir liefen den hölzernen Pfad entlang, nur mal schnell zum Strand, schön wie überall an der Küste dieses Landes!
Wir sind nun drei Wochen unterwegs und haben den Fuß gerade mal ins Baltikum gesetzt, schon überlegen wir eine zweite Tour im nächsten Jahr. Es gibt noch viel zu sehen und es gefällt uns so sehr, zwei Monate reichen einfach nicht. Schau‘n wir mal …
Nach knapp zwei Stunden kamen wir vor Jurmala an. Die Zufahrt in den Ort ist über und über mit Blumenkübeln gesäumt, die Kreisverkehre wie ein Park mit bunten Blumen geschmückt. Bei der Einfahrt in die Stadt wird man darauf hingewiesen, dass man 2€ für einen Aufenthalt für den Rest des Tages zahlen muss, eine Art Kurtaxe also, vom 1. April bis 30. September gilt dies. Wir fuhren an die Zahlstation und Frederick löste das Ticket. Wir haben keine Ahnung, was passiert, wenn man das nicht tut. Wahrscheinlich wird es über eine Kamera (Nummernschild-Erfassung) überwacht.
Jurmala hat etwa 57.700 Einwohner, liegt am Fluss Lielupe, der hier ins Meer mündet und ist seit vielen Jahren ein beliebter Badeort und der einzige offizielle lettische Kurort am Rigaischen Meerbusen. In etwa 30 km Entfernung liegt Riga, die lettische Hauptstadt. Vom Herzogtum Kurland wurde das Gebiet um Schlock 1783 abgeteilt und vom russischen Imperium übernommen. Über Jurmalas Geschichte nachzulesen, lohnt sich, zeigt es doch wieder die Verbindungen Ost-West im besonderen Maße.
Jurmala ist bekannt für seine Villen in Holzbauweise, die um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert entstanden sind. Viele sind inzwischen restauriert und sehenswert, wie wir auf unserer Stadterkundung feststellen konnten. Unser Fahrzeug hatten wir zentrumsnah in der leicht zu erinnernden Edinburg Iela (Iela=Straße) entlang der Eisenbahnlinie geparkt.
Die Strandpromenade (Jurmala hat einen beinahe 26 km langen weißen Sandstrand!) und Fußgängerzone sind interessant für einen Bummel. Auch hier zeichnet sich eine gewisse Unaufgeregtheit ab, keine Hektik, keine mit Plastikspielzeug überbordenden Kioske, wie wir es aus Kolberg kennen. Ein bedeutendes Kulturdenkmal ist der Konzertsaal Dzintari (heißt Bernstein), der auch über eine Freilichtbühne verfügt. Auch hier bewunderten wir einige Skulpturen und wie überall – Parks und Grün, wohin man auch blickt. Eine Weile wanderten wir noch am Strand entlang.
Wir mussten uns ein Plätzchen für die Nacht suchen, das wir über “Park4Night” fanden: ein kleiner Parkplatz am Ende einer Fußgängerzone, im Wald, direkt am Strand und sogar mit einer sauberen, öffentlichen Toilette. Wir gesellten uns zu zwei anderen Wohnmobilen mit deutschem Kennzeichen (Bremen und Heidenheim). Dazu müssen wir mal sagen, dass die meisten Wohnmobile, die uns auf der Reise begegnet sind, aus Litauen oder Lettland kamen. Hier parkten auch einige PKW‘s, in denen übernachtet wurde – wie unbequem!
Nach dem Abendessen zogen wir wieder an den Strand, wunderschön! Es war noch viel los, alle warteten offenbar auf den spektakulären Sonnenuntergang, wie wir auch. Die Fotografen freute es, eine gute Chance. Leider ist für den nächsten Tag Regen angesagt, mal sehen, was wir damit anfangen. Fernsehen gab’s nicht, denn wir standen unter hohen Bäumen. Kein Problem, es gab noch genug zu lesen und zu schreiben.
Jurmala, Mittwoch 21. August 2019
Ein Regentag
Tatsächlich begann es schon in der Nacht zu regnen und hielt fast den ganzen Tag an. Endlich, sagten wir uns, können wir wieder Berichte schreiben und Fotos bearbeiten … das ist manchmal schon ein ganz schönes Stück Arbeit, wenn man es zu lange schleifen lässt … Aber es macht ja auch Spaß, das Erlebte noch einmal in Erinnerung zu rufen. Das weitere Positive an dem Wetter war, dass der Parkplatz leer war und uns niemand in die Quere kam.
Draußen lief kein begossener Pudel, sondern eine patschnass geregnete, weiße Katze umher. Sie tat uns leid und wir luden sie auf einen Drink ein. Sie war gar nicht scheu, sprang ins Wohnmobil und nahm das Schälchen Milch dankend an. Dann wollte sie aber auch wieder raus zu ihrer Freundin, der Klo-Frau, die schon nach ihr rief: Mischka …. Schade, das wäre ein guter Kumpel für unterwegs geworden!
Nach stundenlanger Arbeit hatte es um 19 Uhr zu regnen aufgehört und ich wollte nur noch eines, raus an den Strand! Gesagt – getan: wir staunten, wie viele dieselbe Idee gehabt hatten, denn der Strand war plötzlich gut bevölkert, herrlich die Luft nach so einem langen Regen und einen tollen Sonnenuntergang gab es obendrauf. Morgen soll die Sonne wieder scheinen und dann geht’s weiter nach Riga.
Hallo!
Via google bei euch gelandet. Wir sind zwar keine Wohnmobilfahrer, sondern touren per Auto durch die Länder, aber ich liebe Reiseberichte.
2019 waren wir das erste (aber sicher nicht das letzte) Mal im Baltikum unterwegs. Unaufgeregt, dass war auch meine Kurzbeschreibung fürs Baltikum unaufgeregt und toll! Danke für den schönen Reisebericht..
Danke euch für die immer tollen Berichte. Es ist ein Vergnügen euch zu folgen.
Wir sind in diesem Jahr etwas bequem und treiben uns „nur“ in Deutschland herum.
Momentan aus dem Raum Mecklenburg langsam wieder südlich. Im Oktober wollen wir wieder zuhause sein.
Euch weiterhin gute Fahrt.
Moin Michael und Renate