Toruń (Thorn)
Montag, 23. September 2019
Erkundung der Altstadt von Thorn
Nach mehr oder weniger gut durchbrachter Nacht, einem schnellen Frühstück – bevor wir zugeparkt wurden – ging es weiter nach Thorn. Wir brauchten mal wieder ein ruhiges Umfeld für eine ungestörte Nachtruhe, ein sicheres Plätzchen also und vor allem eine Waschmaschine. Deshalb hatten wir uns für einen kleinen Campingplatz nahe der Altstadt entschieden, 15€ pro Übernachtung, 3,50€ für die Anmietung des Waschmaschinenraumes (Nutzung für drei Stunden).
Erstaunlicherweise waren wir recht zügig aus Warschau, dieser weiträumigen Stadt herausgekommen und schnell auf der Autobahn. Eine dreistündige Fahrt lag vor uns.
Am frühen Nachmittag fuhren wir in Thorn (polnisch Toruń, Großstadt mit 202.000 Einwohnern) ein, waren zunächst etwas enttäuscht. Alles sah eher nach einer kleinen Industriestadt aus. Von der angekündigten historischen Altstadt war weit und breit nichts zu sehen. Über das Navi fanden wir, vor einer Brücke rechts abzweigend, die enge Zufahrt zum unterhalb der Brücke gelegenen Campingplatz. Der Empfang durch die junge Dame an der Rezeption war auf Englisch und äußerst freundlich. Auf unsere Frage, wo die berühmte Altstadt von Thorn sei, sagte sie, wir bräuchten nur über die Brücke zu gehen, dann rechts herum und schon wären wir da. Wir konnten uns auf dem großen freien Gelände einen Platz für unser Fahrzeug aussuchen und los ging’s zu Fuß über die Brücke zur Altstadt, um uns die lange Fahrt aus den Beinen zu schütteln,
Die vom Autoverkehr stark genutzte Brücke zog sich hin, schien kein Ende zu nehmen! Den Fußgängern und Radfahrern war nur ein schmaler Streifen vorbehalten. Ab Mitte der Brücke tat sich dann aber bei schönstem Sonnenschein ein Blick über die Weichsel und auf die Backsteinhäuser und Türme der Altstadt auf, einfach nur schön! Thorn entstand 1231 unter Verwaltung des Deutschen Ordens. Im 14. Jahrhundert trat die Stadt dem Bund der Hanse bei und gehörte – wie auch Elbing, Danzig, Königsberg und Kulm zu den Hansestädten. Auch Thorn blieb von kriegerischen Konflikten nicht verschont. Wieder ging es um Kontrolle der Wirtschaft und Ausdehnung von Landesherrschaften. Der berühmteste Sohn der Stadt, Nikolaus Kopernikus, wurde 1473 hier geboren. Als Kind einer begüterten Kaufmannsfamilie genoss er Förderung und eine gute Ausbildung.
Frederick nutzte die Gelegenheit, von der Brücke aus ein paar schöne Fotos zu schießen. Den Rest des Weges über diese extrem lange, alte Eisenbrücke schafften wir dann auch noch. In der Altstadt angekommen, marschierten wir durch ein altes Tor, das einst ein Fallgitter besaß, um die Stadt vor Eindringlingen zu schützen. Augenblicklich fühlten wir uns wohl in diesem überschaubaren Teil der Stadt, mit den alten, restaurierten Häusern, den vielen schönen Gebäuden, oft aus aus rotem Backstein! Es zog auch andere hierher, einige geführte Reisegruppen (wie’s aussah, aus dem fernen China) kreuzten ständig unseren Weg. Thorn ist etwa 170 km von Danzig entfernt und wir können uns vorstellen, dass die vielen Danzig-Besucher gern auch noch Thorn in ihr Besichtigungsprogramm aufnehmen.
Wir bummelten durch die kleinen Gassen und entdeckten Fotomotive ohne Ende! Nur ein Friseurladen wollte sich nicht finden lassen! Dafür lockte uns ein Beer-Tasting (Bierprobe) in der Brauerei Jan Olbracht. Zum Draußen-Sitzen auf der Terrasse an der Straße war es schon zu kalt, so gingen wir hinein. Die Einrichtung, rohe Holztische, Bierfässer an den Wänden, war urig und gemütlich. Wir bestellten die Bierproben und bekamen 4 verschiedene kleine Gläser gereicht. Kasper, der junge Mann vom Service sprach sehr gut Englisch und erzählte, dass sein Vater jetzt in England wohnt und er ihn einmal im Jahr dort besucht, aha, deshalb die guten Englisch-Kenntnisse! Er erklärte uns die unterschiedlich gebrauten Biere. Sie schmeckten uns allesamt so gut, dass wir eine zweite Probe bestellten. Dazu hätten gut zwei Brezel oder eine Tüte Crisps (wie in England die Chips genannt werden und in jedem Pub dazu gehören) gepasst, gab’s aber leider nicht.
Unser Spaziergang hatte für einen ersten Eindruck der Altstadt gereicht (noch vieles zu entdecken, schön zum Bummeln). Schließlich mussten wir – bzw. die Maschinen! – noch Wäsche waschen und trocknen. Auf dem Rückweg waren wir schlauer geworden und schalteten den Schrittzähler auf dem Telefon ein, um mal die Länge der Brücke zu messen. Am Ende waren es nur 1,1 km. Uns war es noch viel länger vorgekommen.
Am Campingplatz angekommen, buchten wir bei der Rezeption den Waschraum und schafften in den drei Stunden jeweils eine Ladung Waschen/Trocknen. Die Sanitärräume des Platzes sind sehr sauber und wir freuten uns, dass wir hier alles mal wieder nutzen konnten, ohne unsere Dusche im Wohnmobil umbauen zu müssen (wird leider zu oft als Garderobe und Lagerraum genutzt). Der Campingplatz bietet außer Stellplätzen für Fahrzeuge auch kleine Hütten zur Anmietung. Es ist wirklich ein gemütlicher, kleiner Platz zum Sich-Wohlfühlen. Wir entschieden uns, eine weitere Nacht zu bleiben, schließlich wollten wir den nächsten Tag in der Altstadt verbringen.
Dienstag, 24. September 2019
Ein Blick aus dem Fenster des Wohnmobils: einige weitere Fahrzeuge hatten sich eingefunden, Paderborn, Berlin, Minden. Alle waren offenbar, wie wir, auf der Heimreise.
Heute noch mal Thorn, dort gibt’s noch einige Museen, die auf unseren Besuch warteten. Nicht nur im Baltikum, sondern auch in Polen wird man animiert zum Besuch von Ausstellungen, Galerien und Museen, weil die Eintrittspreise – ob Rentner oder nicht – sehr niedrig sind. Wir finden das toll. Als Erstes besuchten wir das Geburtshaus von Kopernikus. Über ihn wussten wir schon einiges seit unserer ersten Polen-Reise (2013), die uns nach Frauenburg (Frombork) geführt hatte. Dort hatte Kopernikus, der Mathematiker und Astronom, von 1513 bis zu seinem Tod 1543 mit wenigen Unterbrechungen gelebt und als ermländischer Domherr gewirkt. Die Ausstellungsräume in dem alten Haus waren bewunderswert gestaltet, die Wohnräume mit Einrichtung und Zierrat aus alter Zeit liebevoll nachgestellt. Erklärungen (über Kopfhörer) zum Leben Kopernikus gab es auf Deutsch und Englisch. Wir sagen: unbedingt besuchen!
Das nächste Thema: Thorner Lebkuchen. Ihre Geschichte geht Jahrhunderte zurück. In dem Lebkuchen-Museum kann man auch mitmachen, seine eigenen Lebkuchen formen und backen und anschließend verzieren. Wir sahen die Kinder einer Schulklasse, wie sie im Werkraum eifrig mit Holzrollen den vorgefertigten Teig bearbeiteten. Das ist aber wohl eher etwas für angemeldete Gruppen. Wir erfuhren beim Durchwandern der verschiedenen Räume viel über die Geschichte und Herstellung der Lebkuchen, die es ja bereits im Mittelalter gab und wegen ihrer Gewürzzutaten sogar als Arznei galten. Das Familienunternehmen von Gustav Weese, der seinen Betrieb 1763 in Thorn gründete, beschäftigte später, Anfang des 20. Jahrhunderts, 500 Menschen.
Im angeschlossenen Laden kamen wir nicht umhin, eine Packung der Thorner Lebkuchen zu kaufen. Wir probierten sie gleich auf der Straße und fanden sie saftig und sehr lecker. Vielleicht auch deshalb, weil wir nun soviel mehr über dieses Gebäck wussten. Beim anschließenden Besuch des Museums im Rathaus gab es Kunst zu bewundern, von Gemälden über Bronze-Plastiken zu Skulpturen. Auch über die Geschichte der Stadt lasen wir etwas nach.
Ein letzter Spaziergang durch die kleinen Gassen, entlang an den hübschen Häusern, inmitten der Gemächlichkeit einer Kleinstadt und es war Zeit, zurückzugehen. Und zwar schnurstracks ins Restaurant am Campingplatz! Das war sehr nett eingerichtet, hatte sich das „Reisen“ zum Thema gemacht (macht Sinn auf einem Reisemobil-Stellplatz!), alte Koffer hingen an den Wänden oder waren am Boden, übereinander gestapelt dekoriert. Wir hatten uns das Angebot auf der Speisekarte schon vorher angesehen und fanden es interessant. Original polnische Küche, leckere Hausmannskost wurde geboten. In Polen kann man wirklich ohne große Bedenken in Lokalen oder kleinen Restaurants essen gehen. Die Preise sind vergleichsweise niedrig, das Essen ist – nach unseren Erfahrungen – sehr gut. Frederick hatte Kartoffelpuffer mit Gulasch bestellt und war restlos begeistert. Für uns war es ein schöner Abschluss in Thorn.
Hallo Dethleffs!
Jaaaaaaaaaaaa, so kennen wir das!
Eine runde Sache ist das nun geworden – alles prima!
Gruß
Assi
Hallo Dethleffs!
Warszawa, polnisch für Warschau, hat sich Euch als Weltstadt von Format aufgetan.
Und auch ich bin angesichts der Bilder und Eures Berichts überrascht, wie sich die Stadt und die Menschen präsentieren.
Der alte Stalin -Turm ist ja heute ein Relikt vergangener Jahre, entstanden unter dem Einfluß russischer Großmacht
im Ostblock und wie man sieht, archtektonisch ein irgendwie störendes Element im Stadtbild. Wenn dieses Gebäude
man nicht den einen oder anderen Polen daran erinnert, wie nah die Bedrohung des großen Bären aus dem Osten
heute noch von manchem empfunden wird. Auch politisch. Nicht umsonst orientiert sich Polen heute sehr
stark nach den Trump’schen USA und wünscht sich die Stationierung amerikanischer Truppen im Land…
Thorn, englisch für Dorn, hat nach Eurer Beschreibung aber so gar nichts von einem stacheligen Erscheinungsbild,
wenn man von dem beschriebenen Stadttor mit Fallgitter absieht.
Interessant ist auch die Geschichte der Lebkuchenfabrikation in der Stadt. Gustav Weese hat 1763 offenbar den Grundstock
für ein europäisches Lebkuchen-Imperium gelegt, denn erst im Jahre 1998 hat seine letzte Auslandsdependance,
die Gebäckfabrik Weese in Itzeheo, die Pforten für immer geschlossen! (…..)
Leider haben wir Konsumenten Eurer Berichte und fotografischer Aufnahmen (..im Falle Thorn) diesmal keine Bilder gesehen.
Vielleicht kommen wir noch in den Genuß der Bilder mit dem nächsten Reisebericht?
I hope so,
Assi
Hallo ihr 2, lese immer ganz gespannt…..Tolle Reiseberichte von euch. Wenn es klappt, wollen wir nächstes Jahr auch dorthin. Waren schonmal mit dem Flieger dort. Haben halt leider nicht sowiel Zeit da wir im “Ruhestand” (:- sind. Weiterhin gute Fahrt, passt auf euch auf und eine wunderschöne Zeit.l LG. Karl-Heinz und Erika aus Garmisch-Partenkirchen