Verdun
Samstag, 13. April 2019
Übernachten an der Loire
Um unseren groben Zeitplan einzuhalten, wollten wir etwas Strecke machen und hatten uns einen Stellplatz (5€ die Übernachtung) im Ort La Chapelle-Saint-Mesmin, einem kleinen Vorort von Orleans ausgesucht, eine 345 km Autobahnfahrt von ca. dreieinhalb Stunden.
Das erste Mal an der Loire! Ein schöner Platz, sowohl im Wald als auch direkt am Fluss. Zum Spazierengehen auf dem Wanderweg mussten wir uns allerdings – auch zum ersten Mal seit Monaten – die dicken Winterjacken anziehen, bei 8 Grad kein Wunder. Wir gelangen halt immer weiter nach Norden. Den Rest des Nachmittags und Abends verbrachten wir im Wohnmobil, denn von La Rochelle gab es genug, nachbereitet zu werden: Fotos, Tagebuch …
Gestern liefen wir am frühen Nachmittag am Wanderweg der Loire entlang. Für den Spaziergang im schattigen Wäldchen mussten wir uns wirklich warm anziehen, weil es geradezu unverschämt kalt war, nächtens zeigte das Thermometer 1 Grad! Sind wir gar nicht mehr gewohnt … wenigstens wurden wir noch mit dem Anblick der schönen Kirche Saint Mesmin in dieser ruhigen Gegend belohnt.
Sonntag, 14. April 2019
Wäschewaschen unterwegs
Nun sollte es weiter gehen nach Verdun, der Kleinstadt mit etwa 18.000 Einwohnern. – Wir mussten allerdings noch Wäsche waschen und googelten eine Lavaderie, die auf dem Weg lag. In der Regel sind Waschsalons sonntags geöffnet, so auch dieser im Ort Chalon-en-Champagne. Der Ort selbst wirkte ziemlich heruntergekommen und von den Stadtvätern vernachlässigt. Oder sind es die Eigentümer der Häuser, die diese nicht pflegen? Oder passiert hier Abwanderung der Jungen, weil alles schon im Argen liegt? Wir wissen es nicht, reiben uns nur verwundert die Augen, unterstützen allerdings noch die Wirtschaft und kaufen in einem kleinen Imbiss unser Mittagessen ein. Nach zwei Stunden war unsere Wäsche wieder in den Schränken und nichts wie weiter, nach Verdun, der von den schrecklichen Schlachten aus dem 1. Weltkrieg berühmt, berüchtigten Stadt an der Maas.
Gegen 17 Uhr kamen wir gerade noch rechtzeitig am von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Platz an: vier Parkbuchten gibt es dort, eine war noch frei, so ein Glück. Ein Wohnmobil stand sogar auf dem Gras neben dem Stellplatz. Das hätzten wir uns nicht getraut. Okay, der Platz lag am Bus-Bahnhof und an den Bahnschienen, Trotzdem stellte sich herhaus, dass er doch recht ruhig war. Außerdem war es hier kostenlos und offensichtlich neu eingerichtet, also saubere Ver- und Entsorgungsanlage.
Ein Leclerc Supermarkt war direkt nebenan. Das deutete auf gute Versorgungslage hin mit unseren Lieblingen “B” wie Baguette und “P” wie Pain aux Raisins hin, also gab es nichts zu meckern. Regen hielt uns jetzt am späten Nachmittag davon ab, sofort die nahe gelegene Innenstadt zu erkunden. Wir wollen aber zwei Tage bleiben, haben also noch genug Zeit. Mit Abendessen und Glotze gucken war es dann noch sehr gemütlich.
Montag, 15. April 2019
Verdun, eine Stadt mit trauriger Berühmtheit
Ich deckte den Frühstückstisch, Frederick ging zum Supermarkt und ward lange Zeit nicht mehr gesehen. Es war einer dieser riesigen Märkte, wie wir sie aus Frankreich kennen. Da kann es schon mal dauern, bis man sich zurecht gefunden hat …
Nach ausgiebigem Frühstück und dem Fußgänger-Navi als Hilfe marschierten wir los. Die große Kathedrale war unser erstes Ziel.Diese war allerdings fast komplett eingerüstet und nicht zu besichtigen. Direkt neben der Kathedrale gibt as das Friedensmonument, ein Gebäudekomplex, der sich ebenfalls mit verschiedenen Ausstellungen und Mahnmalen an den 1. Weltkrieg erinnert. Die Mahntafeln im Hof , die es in mehreren Sprachen gibt, enthalten viel Information über die Schrecken des 1. Weltkrieges. Die unvorstellbaren Verluste auf allen Seiten machen nachdenklich.
Als nächstes wanderten wir zur unterirdischen Festung durch ein Viertel, in dem die Häuser leider auch sehr heruntergekommen aussahen. Um ehrlich zu sein, waren wir zu feige für eine Besichtigung der Festung. Etwas ähnliches hatten wir schon in Budapest gesehen. Dort ging es aber um den 2. Weltkrieg. In Broschüren wird man darauf hingewiesen, dass es in der unterirdischen Festung kühl und feucht ist und man sich entsprechend kleiden soll.
Für 9€ pro Person kann man eine halbe Stunde in einem kleinen Zug fahren und verschiedene Stationen (Krankenhauseinrichtung) einschließlich nachgestelltem Schützengraben erleben. Wie wir alle aus dem Geschichtsunterricht wissen, ist der Name Verdun schon Programm und nicht unbedingt für “Happy Holidays” geeignet. Hier wird man auf Schritt und Tritt mit französischer und unserer eigenen Geschichte konfrontiert. Die Schlacht um Verdun gilt als eine der verlustreichsten und grausamsten Schlachten des Ersten Weltkrieges. Es gibt unzählige Soldatengräber auf ehemaligen Schlachtfeldern in der Nähe. Recht bedrückend. Vor der Touristeninformation steht eine Statue des Marschalls Foch, dem Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte 1918.
Ähnliche Gefühle hatten wir schon mal in der Normandie erlebt und vor den Besichtigungen einiger Museen zum Geschehen beider Kriege 1914-18 und 1939-45 nicht die Augen verschlossen. Wir verzichteten daher hier auf weitere Besichtigungen von Kriegsschauplätzen und Denkmälern. Stattdessen wollten wir das schöne Wetter zu einem Bummel durch die Innenstadt genießen.
Auf einem anderen Weg entlang der Maas (französisch Meuse) ging’s zurück ins Zentrum und hier erlebten wir ein ganz anderes, modernes Verdun. Die schön angelegten Promenaden beiderseits des Flusses lud mit ihren Bars, Cafés und Restaurants zum Verweilen ein und an diesem Montag ging es in den Einkaufsstraßen recht geschäftig zu.
Im Touristenbüro schauten wir uns auch noch mal um. Hier wurden überwiegend Memorabilia vom Krieg angeboten: Zinnsoldaten in ihren unterschiedlichen Uniformen, Schneekugeln mit Soldaten, Anstecknadeln. Ein paar ältere deutsche Herren kamen ins Touristenbüro und fragten uns: “ Wollen Sie auch zu den Schlachtfeldern?” Nein, wollen wir nicht, stattdessen lieber im Sonnenschein die Stadt erkunden, allerdings nicht ohne den Besuch an den vielen verschiedenen Kriegsdenkmälern, die über die Stadt verteilt aufgestellt sind. Für uns Nachkriegskinder ist das Mahnung und Erinnerung genug.
Dienstag, 16. April 2019
Frankreich Ade!
Statt der vier Wohnmobile auf dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Platz standen teilweise sieben oder acht dort, irgendwo noch dazwischen gequetscht bzw. auf dem Ver-/Entsorgungsplatz. Ganz ehrlich, wir hätten uns das nicht getraut …
Wir machten sowieso Platz für Neuankömmlinge und setzten uns nach dem Frühstück Richtung Luxemburg in Bewegung. Frankreich Ade! Es waren ein paar sehr schöne Tage hier.
Hallo Dethleffs!
Heute, am Tage von Fredricks Geburtstag, (by the way: Glückwunsch nochmal!) lese ich Eure Berichte von der spanisch-französichen Grenze bis Verdun.
Dass die Spanier ausgerechnet einen Polizisten schicken , um Euch vom Platz zu verjagen, lastet Ihr hoffentlich nicht diesem Berufsstand an, ich müßte mich sonst für ihn schämen…
Liebe Anne, nachdem Du also so günstig unter das Messer der Frisörin geraten warst, hätten wir ja auch gerne mal ein Bild der neunen Frisur gesehen..mhh.
Von Bordeaux wußte ich aus der Schulgeographie nur noch, dass die Stadt an der Garonne liegt und den Namen für eine guten Rotwein hergegeben hat.
Der Rest der Reise bis Verdun wird natürlich sehr intensiv vom Kriegsgeschehen der letzten beiden Kriege beeinflußt. Wenn man sich das Geschene intensiv
in Erinnerung ruft, kann man diese Orte nur als schwere Belastung deutschen Geschichtsbewußtseins erleben. Wie gut, dass wir heute, trotz unseres damaligen Wirkens in der Welt, ungeschoren diese Orte besichtigen können. Die Welt scheint uns verziehen zu haben!
LG. Assi