Nida (Kurische Nehrung)
Sonntag, 11. August 2019
Mit Fähre und Bus nach Nida
Noch mal morgens um 8 Uhr raus aus den Federn. Dieses Mal versprach das Wetter Sonnenschein und entsprechend groß war der Andrang an der Fähre: Radfahrer, viele Familien mit Kindern, Wanderer und Strandbesucher fuhren mit. In Smiltyne angekommen, erwischten wir mit knapper Not den Bus, 4€ pro Person für die einfache Fahrt nach Nida (kein Rentner Bonus). Der Bus rumpelte in flotter Fahrt die schmale Straße entlang, rechts und links lagen die tiefen Wälder und dahinter irgendwo das Haff und die Ostsee. Es gab immer mal wieder Abzweigungen in Richtung Strand. Wir waren froh, unserem Wohnmobil diese Fahrt nicht angetan zu haben. Nach 14 km der erste Halt: der Ort Joudkrante (bis 1945 Schwarzort), mit seinen etwa 720 Einwohnern die älteste und zweitgrößte Siedlung auf der Kurischen Nehrung. Mehrfach war der Ort in seiner Geschichte verlegt worden, da die Wanderdünen ihn vertrieben. Die alten Fischerhäuser in ihren bunten Farben sahen wir nur vom Busfenster aus. Auch Joudkrante wirbt um Touristen, hat eine neue Promenade und viele Hotels. Wir müssen also einmal wiederkommen und auch diesen Ort besuchen, vielleicht einmal über die Fähre Kiel-Klaipeda mit dem PKW?
Endlich erreichten wir Nida nach der insgesamt gut einstündigen Tour. Im Touristen-Büro wurden wir aufgeklärt, dass zur Gemeinde Neringa vier Orte zählen: Joudkrante, Pervalka, Preila und Nida. Mit dem PKW ist es sicher einfacher, allen diesen Dörfern einen Besuch abzustatten. Als Fußgänger konzentrierten wir uns nun auf Nida, aus gutem Grund. Hatte der Schriftsteller Thomas Mann sich doch hier 1929/30 ein Sommer-Ferienhaus bauen lassen, das heute als Museum besichtigt werden kann.
Der erste Eindruck des Ortes: Touristisch voll erschlossen! Wir trafen auf Cafés, Restaurants, Läden und Stände, die vor allem mit Bernstein verarbeiteten Dinge anboten, kunstvolle Webarbeiten, Handarbeiten jeglicher Art und eine wunderschön ziemlich neu gestaltete Promenade entlang der Ostsee. Nicht zu vergessen die zauberhaften restaurierten Holzhäuser der Fischer, überwiegend in den Farben Rot, Blau und Weiß.
An uns Fußgängern flitzten/schlängelten sich die Radler, die vielen Leute mit den E-Rollern, die hier sehr populär sind, vorbei.
Auch diese Promenade ist von Skulpturen, die sehr beliebt zu sein scheinen, gesäumt. Nach 20 Minuten hatten wir – mit vielen anderen (hauptsächlich Deutschen) unser Ziel erreicht. Das Thomas Mann-Kulturzentrum liegt auf einem Hügel, dem “Schwiegermutterberg”, umgeben von Wald, aber mit freiem Blick auf die Ostsee. Der Schriftsteller hat in dem schönen Haus, das im Niddener Fischerhausstil gebaut ist (Rot-Weiß-Blau gestrichen, Reet-gedeckt ) mit seiner Familie nur drei Sommer verbracht, von 1930 bis 1932. Dann zog er aus politischen Gründen vor, Nazi-Deutschland zu verlassen und mit Familie nach Amerika zu emigrieren. – Der Eintritt zum Besuch des Hauses kostet 2,50€ pro Person, kein Rentnerbonus diesmal! Die Einheimischen nennen das Haus lustigerweise “Onkel Tom’s Hütte.
In der Ausstellung erfahren wir vieles über die berühmte Familie Mann. Der Autor hatte während einer Lesung in Königsberg der Kurischen Nehung einen Kurzbesuch abgestattet und sich Hals über Kopf in die großartige Landschaft verliebt. In einem Augenblick wurde entschieden, das Grundstück vom litauischen Forstamt zu pachten, einen Architekten mit dem Bau des Hauses zu beauftragen und schließlich von ihm auch einrichten zu lassen. So war das Vermögen, an das er durch die Verleihung des Nobelpreises für Literatur 1929 (für den Roman “Buddenbrooks”) gekommen war, vermeintlich gut angelegt (ich erinnere an die Nutzungsdauer von nur drei Jahren …).
Unter dem Link Thomas-Mann-Kulturzentrum findet Ihr weitere Informationen.
Wir tauchten ein in die interessante und auch traurige Familiengeschichte der Manns. Im kleinen Ticket-Büro gibt es eine gute Auswahl an Büchern zu Thomas Mann. Die Räume des Hauses sind klein und nur spärlich möbliert. Das Häuschen wäre auch beinahe verfallen, hätte nicht ein litauischer Schriftsteller es 1967 gerettet. Damals wurde es zunächst nur eine kleine Gedenkstätte. Ab 1989 wurden auch deutschen Besuchern die Türen geöffnet und schließlich wurde das Anwesen 1995 – auch mit Mitteln der Deutschen Bundesregierung – komplett restauriert.
Im Schreibzimmer des berühmten Autors zu stehen und aus dem Fenster schauend den Blick auf die Ostsee zu genießen, ist schon ein besonderes Gefühl. Wir können so gut nachvollziehen, dass es ihm hier außerordentlich gut gefallen hat. Wir spazierten ums Haus herum zu den weißen Bänken, dem Aussichtspunkt, von dem aus Thomas Mann und Künstlerfreunde den ”Italien-Blick” hatten, Blick auf die Kiefern und der Weite des Meeres, einfach nur schön!
Genug gelesen und geschaut bei Thomas Mann. Es hatte hungrig gemacht, und wir wanderten entlang der Promenade bis zum nächsten Lokal und kehrten dort ein. Das Angebot auf der Karte war riesig, unsere Entscheidung fiel auf Griechischen Salat/Hähnchenschnitzel mit Pommes und zwei Bieren. Es schmeckte alles hervorragend und am Ende bezahlten wir für alles 16€, spendierten dem jungen Mädchen, das uns bedient hatte und gut Englisch sprach, ein großzügiges Trinkgeld.
Unterwegs, auf dem Rückweg zur Bushaltestelle, gab es noch viele Fotomotive für Frederick.
Wir nahmen den Bus um 16 Uhr, der um 17 Uhr in Smiltyne sein sollte. Nach fast der Hälfte der Fahrzeit hielt der Bus plötzlich an, und wir konnten den Fahrer beobachten, wie er erregt telefonierte. Natürlich verstand man davon nichts, aber irgendetwas war nicht in Ordnung. Dann wendete der Fahrer auf dem kleinen Parkplatz und fuhr den Weg zurück. Wir vermuteten, dass er noch irgendwo einen Fahrgast einsammeln sollte. So kam es auch. In dem kleinen Ort Preila wartete ein junger Mann auf den Bus. Als er einstieg, wurde er vom Busfahrer beschimpft und dann auch noch von mehreren der anderen Fahrgäste, denn die wollten ja alle die Fähre um 17.45 Uhr erreichen und sahen das offenbar gefährdet. Der junge Mann setzte sich kleinlaut hinten in den Bus, und der Fahrer gab jetzt Stoff, um die Fähre noch zu erreichen. Dort kamen wir um 17.10 Uhr an und die Fähre fuhr fünf Minuten später pünktlich mit uns ab. 15 Minuten später waren wir zurück beim Wohnmobil. Schnell zusammengepackt, ging es weiter zum größten Ostseebad der Litauer, Palanga, eine Fahrt von einer knappen Dreiviertelstunde.
Die Parkplatzsuche mit Übernachtungsmöglichkeit in Palanga sorgte noch für einige Kopfschmerzen und Kurverei durch den sehr belebten und überfüllten Badeort, da die Koordinaten, die wir aus “Park4Night hatten, nicht korrekt waren. Dann entschieden wir uns, am Sportplatz, wo auch viele PKW’s parkten, über Nacht zu bleiben. Wird schon gut gehen. Es war schon 18.30 Uhr, wir vertraten uns noch mal Füße, liefen den kurzen Weg zum Park und Palais des Grafen Feliks Tyszkiewicz (das heute das sechstgrößte Bernsteinmuseum der Welt beherbergt) und weiter bis hin zum Ostseestrand. Einmalig auch hier wieder, der weite Blick übers Meer und der endlos scheinende beinahe weiße feine Strand.
Morgen (Montag) werden wir Palanga erkunden. Das Bernstein-Museum besuchen wir am Dienstag, da Montag geschlossen.