Frauenburg
Sonntag, 2. Juni 2013
Orneta und Frauenburg (Frombork)
In der Nacht hatte es heftig gewittert, aber heute morgen schien die Sonne und es war ein strahlend blauer Himmel. Wir frühstückten kurz und machten uns dann auf den Weg. Wir wollten die schnellste Route direkt nach Frauenburg fahren, aber unser Navi lotste uns über einige Nebenstraßen, so dass wir zufällig durch den Ort Orneta (Wormditt) kamen. Eva, Maja und Lothar waren vor zwei Tagen hier gewesen und wir beschlossen, einen kurzen Zwischenstopp einzulegen um einen Eindruck von dem Ort zu gewinnen. Als erstes fiel die mächtige Backsteinkirche ins Auge.
Besichtigen konnten wir sie leider nicht, da gerade ein Gottesdienst abgehalten wurde. Aber so von außen war sie auch schon beeindruckend und schön anzusehen. Wir schlenderten ein wenig umher. Anne bekam von der netten Dame in der Touristeninformation eine schöne Werbebroschüre von Orneta. Diese war toll aufgemacht und machte Lust auf den Ort. Allerdings hielt die Stadt nicht, was der Prospekt versprach. Kaum ein Gebäude war restauriert, schade.
Das Rathaus sah recht hübsch aus, aber bei näherem Hinsehen konnte man nur mit dem Kopf schütteln.Auf beiden Seiten waren in kommunistischen Zeiten häßliche graue Anbauten angeklatscht worden, die das Gebäude total verschandelten.
Man fühlte sich wirklich zurückversetzt in alte Zeiten – ganz im Gegensatz zu unseren bisherigen Erfahrungen. Wo immer wir waren, war ein deutlicher Fortschritt bemerkbar. Auf jeden Fall müsste man den Stadtvätern sagen, dass die Hochglanz-Broschüre eine Vorspiegelung falscher Tatsachen ist. Wer auf Grund der Broschüre dort einen Urlaub bucht, wird sicherlich maßlos enttäuscht sein. Wir wanderten durch einige weitere Straßen, aber der Eindruck verbesserte sich nicht. Überall Verfall, Schmutz, Achtlosigkeit und riesiger Nachholbedarf.
Weiter ging die Fahrt über die Dörfer nach Frombork, wo wir auch gleich am Ortseingang einen Stellplatz fanden. Für 45 Zloty bekamen wir alles, was wir brauchten, leider aber keine Waschmaschine. Aber wir haben noch für einige Tage saubere Kleidung und so ist der Bedarf nicht dringend. Frombork (Frauenburg) liegt direkt am Frischen Haff und der Geruch von Meer war sofort bemerkbar.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten, spazierten wir sofort Richtung Ortsmitte, die nur 500 m entfernt war. Als erstes fällt natürlich das riesige Gebäude der Frauenkirche auf, sie war ja auch unser Ziel. Sie beherrscht das Ortsbild und ist in ihrer Architektur (Backstein, Türmchen) den anderen Kirchen im Lande sehr ähnlich. Die Kirche ist in eine imposante Festungsanlage eingebettet und wurde in der Vergangenheit von ihr geschützt.
Für die Besichtigung der Festungsanlage und des Kopernikus-Museums, das zum Festungsbereich gehört, wurde ein geringes Eintrittsgeld verlangt. Aus der Kirche erklang Orgelmusik und wir steuerten zuerst dorthin. Ein brillianter Organist spielte klassische Stücke, die seine Zuhörer begeisterten. Wir waren so angetan von der Musik, dass wir im Museumsladen gleich eine CD kauften. Ein Konzert mit Musik von Bach, Mendelsohn, Schubert und anderen ist 1997 in der Frauenkirche aufgenommen worden.
Dann begannen wir mit der Besichtigung des großen Wehrturmes. Breite Treppen führten hinauf und auf der zweiten Ebene wurde ein Foucault-Pendel gezeigt – Erklärung siehe folgenden Text:
Danach ging es ins Kopernikus-Museum. Nikolaus Kopernikus lebte und arbeitete den größten Teil seines Lebens in Frombork. Nicht zuletzt deshalb taucht sein Name allerorten auf: Restaurant, die Hauptstraße, Lebkuchen-Gebäck … läßt sich eben gut vermarkten! Kopernikus und die Frauenkirche verhalfen der kleinen Stadt zu überregionalem Ruhm und Wohlstand durch den Tourismus. Trotzdem atmet Frauenburg und lebt immer noch mit der Vergangenheit. Die Ruhe und der Frieden wird immer nur für eine kurze Zeit von lärmenden Touristengruppen gestört, die in diese abgelegene Ecke kommen.
Das Museum stellt eine Vielzahl hochwertiger Artifakte aus, deren Aufzählung hier zu weit gehen würde. Ein paar Fotos sollen aber einen kleinen Einblick geben. Leider gab es keine Erklärungen in deutscher oder englischer Sprache dazu. Dennoch konnte man sich ein Bild machen. Auf jeden Fall ist die Ausstellung auf sehr hohem Niveau und definitiv einen Besuch wert.
Als nächstes besichtigten wir das Heiligen Geist Hospital – Bereits das dritte in Europa, das wir kennenlernen durften. Die Ausstellung konzentrierte sich auf Medizin und dazugehörige Instrumente aus dem Mittelalter. Alles war sehr professionell gestaltet. Leider war auch hier wenig Erklärendes in deutscher Sprache (ebenso ein Manko im Kopernikus-Museum). Wir hätten gern mehr erfahren.
Wir wollten zum Hafen, um uns nach einer Fährverbindung zum Frischen Haff zu erkunden und kamen an einem Souvenirladen mit Café in einem Wasserturm vorbei. Im Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass der Wasserturm zu einer früheren Wassermühle gehörte, deren Eigentümer ein gewisser Hermann Hantel war.
Der Herr war es also, von dem Eva und Lothar uns schon so begeistert erzählt hatten! Ich erwähnte das sofort und natürlich bekamen wir Familienrabatt, für alle Hantels und Angehörige gab es freien Eintritt auf den Turm!
Nach der Turmbesteigung, von dessen Plattform wir einen grandiosen Ausblick auf das Haff hatten, genossen wir noch Kaffee und Torte im Café und der Sohn des Chefs war so nett, uns vor dem Turm zu fotografieren.
Türme besteigen, Museen zu besuchen und Kirchen zu besichtigen macht hungrig. Da traf es sich gut, dass wir auf dem Weg zurück zum Wohnmobil an einem Restaurant vorbeikamen, wo die Gäste bei dem schönen Wetter draußen saßen. Das sah verlockend aus. Noch verlockender wurde es für uns, als wir die Speisekarte studierten. Es gab Zander (gebraten) für Frederick und Penne Pomodori für Anne. Perfekt, ein tolles Essen in schöner Atmosphäre! Wohlgenährt und zufrieden wanderten wir zum Stellplatz und verbrachten noch einen entspannten Abend in unseren Liegestühlen bei einem Glas Wein.
Montag, 3. Juni 2013
Nach dem Frühstück machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Hafen. Als wir bei unserem neuen Freund, dem Inhaber des Cafés am Wasserturm vorbeikamen, sagte er uns, dass heute nur ein Boot um 14.45 Uhr fahren würde. Das wäre natürlich zu spät für uns, da kein Boot mehr zurück fährt. Er verriet noch, dass die Fischer sich manchmal etwas dazu verdienen und Touristen übersetzen (1 1/2 Stunde eine Fahrt). Aber das wollten wir dann doch nicht, vielleicht so direkt neben den Heringen … Also beschlossen wir, in Frombork unsere Sachen zu packen und das nächste Ziel Malbork (Marienburg) anzusteuern