Wissant – Cap Blanc Nez – Calais
Sonntag, 8. Oktober 2017
Nach ruhiger Nacht und ausgiebigem Frühstück wollten wir uns doch noch mal weiter in Wissant umschauen. Es gibt dort ein sehr hübsches kleines Zentrum, das überwiegend aus Hotels und sehr kleinen Restaurants besteht. Eine Boulangerie (Bäcker) gibt es zum Glück, einen Teich, mit einer weißen und einer grauen Gans – beiden konnten wir beim ausgiebigen Bad mit Federpflege zuschauen, sehr niedlich!
Wir entdeckten die offenbar neu gestaltete Promenade mit einigen hochgezogenen Blocks mit Ferienwohnungen, auch hier Restaurants, unzählige Leute, die alle die letzten Sonnenstrahlen des Jahres genießen wollten. Es war beinahe das erste Mal, dass wir “Küste” noch so voll erlebten! Kein Surfer weit und breit, der Wind war total abgeebbt. So trauten sich die SUP’s aufs Wasser: Stand-Up-Paddler, und die beiden jungen Mädchen machten ihre Sache wirklich gut, trotz der Wellen, die sie ab und zu ins Meer schmissen! Ruck-zuck waren sie wieder auf den Boards!
Der Ausblick aufs Meer war fantastisch und dass wir nach England hinüber gucken konnten, fanden wir toll. Wie oft waren wir die Strecke schon mit der Fähre nach Dover gefahren!
Ein Eis rundete unsere Wanderung ab und zurück ging’s zum Wohnmobil zwecks Weiterfahrt. Im Internet hatten wir erfahren, dass es nur ein paar Kilometer weiter nördlich nahe dem Ort Escalles einen weiteren kostenlosen Stellplatz auf einem Berg nördlich des Ortes nur 500 m entfernt vom Cap Blanc Nez (Kap Weiße Nase) gab. Dort parkten wir das Wohnmobil, entschieden uns aber gegen eine Übernachtung, weil wir keine Internetverbindung bekamen. Aber wir standen hier sicher und wanderten von dort, vorbei an Schafherden hinüber zum großen Obelisken an der Steilküste. Hier war auch wieder einiges los und der Parkplatz am Fuße des Berges war voller Autos und Motorräder, offenbar ein Sonntags-Ausflugsziel, dieses Denkmal. Überall gab es Wanderwege in der hügeligen Landschaft. Der Blick von dieser Höhe hinüber zur englischen Küste war überwältigend.
Der Obelisk ist ein Memorial an die Gefallenen des 1. Weltkriegs. Auf der gegenüber liegenden Seite in England steht ein ähnliches Monument. Hier auf der französischen Seite installierten die Deutschen im 2. Weltkrieg ein Riesengeschütz, genannt die Lindemann-Batterie, die in der Lage war, 1000 kg schwere Granaten bis hinüber nach Kent zu schießen. Dieses Relikt aus den Kriegsjahren wurde nicht gesprengt, sondern die Kanone wurde demontiert und die enormen Betonbunkeranlagen verschandelten jahrzehntelang die Landschaft. In den Jahren 1987 – 1993 wurde Bunkeranlage mit dem ausgegrabenem Schutt und Schlick vom Bau des Eurotunnels (zwischen Coquelles /Calais und Folkestone) zugeschüttet. Das Dach des Geschützbunkers dient jetzt als Aussichtsplattform. Der Tunnel unter dem Ärmelkanal ist übrigens 50 km lang, mit einem Streckenanteil von 37 km unter der Straße von Dover ist er der längste Unterwassertunnel der Erde. In 35 Minuten erreicht man per Eisenbahnzug die jeweils andere Seite.
Nachdem wir die wunderschönen Ausblicke genossen hatten, wanderten wir zurück und fuhren die wenigen Kilometer weiter nach Calais. Dort wartete ein Stellplatz in Strandnähe auf uns, Übernachtungskosten 10€. Ein sehr schöner Platz mit einer modernen Ver- und entsorgungseinrichtung, aber leider keine Stromsäulen. Sehr ungewöhnlich, da die überwiegende Zahl an Stellplätzen in Frankreich Stromsäulen anbietet. Meistens gegen Gebühr, was ja auch in Ordnung ist. Dass dieser neue und ansonsten so toll angelegte Platz keine Stromsäulen anbietet ist mehr als ungewöhnlich. Da wir Strom-mäßig mit unseren 2x75W Solarpaneelen auf dem Dach und zwei Bordbatterien doch recht autark sind, störte uns dies nicht, aber bei weitem nicht alle Wohnmobile sind ähnlich ausgestattet und benötigen den Stromanschluss für Übernachtungen.
Calais stand einige Jahre in schlechtem Ruf, weil Flüchtlinge und Migranten hier versuchten, auf die zur Fähre fahrenden LKW’s zu kommen, um in das “gelobte” Land Großbritannien zu gelangen. Sie kamen aus Eritrea, Somalia, Äthiopien und warteten auf die günstige Gelegenheit, in ihr Traumland zu kommen. Das Umfeld in Hafennähe wurde “Dschungel” genannt. Schreckliche Zustände herrschten dort. Hilfsorganisationen schritten ein um die Menschen zu versorgen. Im Oktober 2016 wurde das Flüchtlingslager geräumt. Von dem war jetzt aber nichts mehr zu sehen.
Wir richteten uns auf dem Stellplatz ein – es waren nur noch zwei weitere Wohnmobile dort (vielleicht wegen der fehlenden Stromsäulen?). Da das Wetter noch so schön war, holten wir die Stühle heraus und genossen die Sonne und den Nachmittagstee vor dem Wohnmobil. Doch dann juckte es uns in den Beinen und das Licht den Fotografen. So entschlossen wir uns zum nahe gelegenen Strand zu laufen. Anstelle der Strandkörbe standen dort hölzerne Umkleidehäuschen, die man wahrscheinlich über die Saison mieten kann oder vielleicht auch pro Tag. Gewöhnungsbedürftig, schön ist anders, aber vielleicht ist man dankbar für einen Schattenspender und Rückzugsort im heißen Sommer. Jetzt war alles dicht, Saisonende.
Wir konnten die England-Fähren aus nächster Nähe bewundern, die hier ständig zwischen Calais und Dover hin- und herpendelten. Am Strand lag überhaupt kein angeschwemmter Müll herum, wie man ihn ja sonst oft sieht, angespültes Plastikzeug etc., obwohl dies doch eine stark befahrene Schifffahrtslinie ist. allerdings fiel uns eine kleine angeschwemmte Boje auf, an der bereits eine Menge Muscheln hangen. Ansonsten gab es nichts zu meckern! Die niedrigstehende Sonne und ungewöhnliche Wolkenformationen sorgten für ein teils gespenstisches Licht, was dem Fotografen besonders gefiel.
Auf der langen Mole mit dem Leuchtturm am Ende drängelten sich die Spaziergänger und dort standen auch viele Angler und versuchten ihr Glück, mit mäßigem Erfolg.
Alles schien auf den Beinen zu sein, das gute Wetter und der Sonntag hatte die Leute noch mal ins Freie gelockt. An der Pommes-Bude kamen wir dieses Mal nicht vorbei, leider schafften wir nur die Hälfte der Riesenportion für 2€, im Wohnmobil wollten wir ja noch etwas “Richtiges” essen …. und so bummelten wir zurück zum Platz. Es dauerte nicht lange, da klopfte es: der Platzwart winkte mit unserer Quittung, die Frederick nicht hatte aus dem Automaten ziehen können. Er hatte die Autonummer auf der Quittung erkannt und amüsierte sich, weil wir bei der Abreise OHNE den Code (auf der Quittung) nicht durch die Schranke gekommen wären. Dann hätten wir seine Hilfe gebraucht, ein netter und lustiger Kerl.
Nach dem Abendessen waren wir reif für den Fernseher! Nachrichtenund Krimi!
Hallo Dethleffs!
Nur als Zeichen dafür, daß ich Eure Texte aufmerksam lese: Die Bunkeranlage des alten Riesengeschützes wurde sicherlich in der Zeit von 1987 – 93 (..und nicht von 1987 bis 83) zugeschüttet!
Und wieder interessante Geschichten erzählt und tolle Bilder geschossen!
Aber warum hast Du, lieber Frederick, denn Deine Frau (optisch) zweitgeteilt – gab es ‘mal Ärger…?
Das Foto von dem Pinguin im Fenster ist wirklich komisch: Sieht aus, als wenn er sich von dort oben in den Tod stürzen will bzw. erhängen will!
Bis zum nächsten Mal
Gruß Assi