Örebro
Dienstag, 29. Juli 2014
Gegen 14.00 Uhr fuhren wir dann in einer halben Stunde nach Hallsberg. Frederick hatte die Koordinaten für das Bergöö-Haus in der Storgatan im Navigationsgerät eingegeben und wir konnten direkt vor dem Haus parken! Meine drei Bücher (unter anderem “Anderer Leute Kinder”) mit den Zeichnungen und Texten von Carl und Karin Larsson sind wohl an die 40 Jahre alt, und ich freute mich ganz besonders darauf, das einstige Zuhause von Karin besichtigen zu können.
Die beiden Künstler haben Generationen von Schweden geprägt mit ihrem Farbensinn und Einrichtungsstil. Wir erfuhren viel Persönliches über die Familie mit 7 Kindern. Karins Vater war ein gut situierter Kaufmann, die Eltern waren ihrer Zeit voraus und ließen Karin ihrer Neigung folgen, Kunst (Malerei) zu studieren, sogar nach Paris ließ man sie reisen. In der Künstlerkolonie Grez-de-Loing lernte sie dann ja auch den Maler Carl Larsson kennen und lieben.
Das Haus war liebevoll und wunderschön mit viel Holzvertäfelung eingerichtet. Enttäuschend war, dass man keine Karten oder Poster von Carls Zeichnungen kaufen konnte. Da muss ich in Stockholm noch mal die Augen offen halten .
Irgendwann mussten wir uns dann losreißen und fuhren weiter Richtung Örebro zum Stellplatz (eine halbe Stunde Fahrt). Wieder ein schöner, kostenloser Stellplatz, direkt an einer Badestelle und einem Fußweg entlang des Svartån (Schwarzer Fluß) in die Stadt.
Es waren zwar viele Leute und einige Pkw’s an der Badestelle, auch zwei Wohnwagen, aber wir waren die einzigen mit dem Wohnmobil, sprich zum Übernachten dort. War mir ein bisschen einsam … Sicher würden die anderen Besucher so nach und nach am Abend verschwinden. Da trudelte plötzlich ein zweites Mobil heran mit Schweizer Kennziffer, das Ehepaar fragte uns, ob wir auch über Nacht bleiben wollten, was wir freudig bejahten.
Inzwischen waren auch die Camper mit den Wohnwagen vom Kanufahren zurück, vier Berliner. Das konnte man dann wirklich nicht mehr einsam nennen und alles war gut! Wir wollten uns gleich mit der Gegend vertraut machen und wanderten am Flusslauf entlang: viele Boote, Angelplätze, schwimmende Holzpontons, von denen aus man ins Wasser springen, angeln oder sie zum Sich-sonnen nutzen konnte.
Nach unserer Rückkehr sprang Frederick auch noch mal schnell ins Wasser, danach gab es Abendbrot und ein Schwätzchen mit den Schwyzern. Sie wollten in die entgegengesetzte
Richtung, so konnten wir unsere Reisetipps gut austauschen. Als Dank für Fredericks nette Hinweise brachte uns Frau Nachbarin eine Tafel feinster Schweizer Schokolade herüber! So nett!
Sehr spät am Abend fragten wir uns, ob wir wirklich noch in Schweden waren oder eher in der Türkei, vielleicht Iran oder Pakistan. Die kleine Bucht füllte sich mit Kopftuch-tragenden Mädchen und Frauen, ganzen Großfamilien aus eher östlichen Landen, die dort grillten, Ball spielten, Lagerfeuer entzündeten und uns mit lauter arabisch klingender Musik unterhielten. Die mochte ich schon damals ganz gern, als wir mal einen Urlaub in der Türkei verbracht haben. Die Musik unterhielt uns bis ca. 2 Uhr morgens. Aber was stört schon den mit dem Wohnmobil reisenden Rentner …. Dann schläft man eben ein bisschen länger und gleicht das Defizit aus!
Mittwoch, 30. Juli 2014
Gerade beendeten wir unser Frühstück vor dem Wohnmobil, als uns Herr und Hund ansprachen, eher Frederick, denn es wurde auf Schwedisch gefragt. Der Herr wollte einiges über den Stellplatz in Erfahrung bringen. So ging das Gespräch hin und her und ich verstand leider nicht viel, bis der Vorschlag kam, man könnte sich ja vielleicht auf Englisch unterhalten. Und nun wurde es auch interessant für mich, denn Hasse, so der Name des weitgereisten Mannes, erzählte einige Dinge aus seinem Leben. Sigge, der süße Hund, gähnte bereits ein paarmal und langweilte sich, wir nicht!
Hasse lebt seit diesem Jahr in einem Kastenwagen ohne festen Wohnsitz – nachdem er sein 38 Fuß-langes und 145 000 Euro teures Segelboot vor Kolumbien im Pazifik in einem Orkan verloren hat (es sank, er und seine Bordkatze wurden nach 4 Tagen im Schlauchboot von kolumbianischen Fischern gerettet). An Land, zog er zunächst in ein Hotel, Zimmer im 9. Stock. Leider verspürte seine Katze einen unbändigen Freiheitsdrang, als sie die Boote im Hafen liegen sah. Es kostete sie das Leben, denn sie stürzte vom Balkon. Dem Portier unten am Hotel verpasste Hasse einen Kinnhaken, weil dieser die Katze ohne Bedauern in einem Müllcontainer entsorgt hatte: “it was only a cat …” meinte er.
Für Hasse war sie soviel mehr. Er trauerte sehr um sie, hatte er sie doch mit der Flasche aufgezogen und sie war 9 Jahre lang sein Bordkamerad gewesen. Danach folgte in seinem Leben noch eine Partnerin für ein Jahr, aber für Zweierbeziehungen hält er sich mittlerweile für ungeeignet, dann doch besser die Anschaffung eines Papageien. Zu ihm glaubte er, ein eher distanziertes Verhältnis aufbauen zu können. Knuddeln geht mit Hund und Katze, aber mit einem Vogel? Er wurde eines besseren belehrt. Das intelligente Tier saß ständig auf seiner Schulter, flog frei herum und lernte viele Worte und Kunststücke. Als Hasse die Entscheidung traf, zurück nach Schweden zu gehen, kam der traurige Abschied. Die Einfuhr von exotischen Vögeln nach Schweden ist strikt verboten. Er überließ den Vogel der Obhut von Freunden unter dem Versprechen, dass sie ihn niemals verkaufen und gut für ihn sorgen würden. Hasse sagte, er würde nie in seinem Leben den Ausdruck in den Augen seines gefiederten Freundes vergessen, als er ihn samt Riesenkäfig abgab. Er kam sich vor wie ein Verräter!
Und nun war er zurück in der Heimat in Schweden mit Sigge, seinem einjährigen, schlauen Hund. Von unseren Schweizer Nachbarn hatten wir Schokolade geschenkt bekommen, also verschenkten wir jetzt auch etwas: einen nagelneuen Tennisball an den geduldigen Sigge, denn das Steinchen zurückbringen macht nur halb soviel Spaß und tut Hundezähnen auch nicht gut! Über die Begegnung mit Hasse und Sigge haben wir uns gefreut, sind gespannt, ob wir die beiden irgendwann einmal wiedersehen werden. Schnell noch ein Foto gemacht, bevor wir uns auf weitere Entdeckungstour machten.
Wir folgten wir dem Tipp unserer Nachbarn und wanderten zum nur zwei km entfernten Freilichtmuseum Wadköping (kostenloser Eintritt). Auch hier hat man – wie in Molfsee bei Kiel – alte erhaltenswürdige Häuser aus der Region abgetragen und im Park am Fluss wieder aufgebaut. Es gab eine alte Schmiede, die Schule, ein Kinderspielzimmer mit schönen Dingen aus Holz, viele kunsthandwerkliche Gegenstände in kleinen “Butiken”.
Die leckeren Waffeln mit Sahne und Marmelade, denen wir im Café nicht widerstehen konnten, kamen uns in solch einer Umgebung allerdings teuer zu stehen: 14 Euros. Geschmeckt hat’s trotzdem. Am großen Kinderspielplatz führte eine sehr niedliche kleine Eisenbahn entlang, in der die Kleinen mitreisen konnten. Obwohl hier überall viel los war, ging es doch sehr entspannt zu und viele junge Familien genossen die Zeit miteinander.
Weiter ging es in die Stadt und zum Schloss Örebro. Wir bekamen einen sehr guten Eindruck, es gab viele schöne alte Gebäude, die Stadt ist – wie es überhaupt überall zu sein scheint in Schweden – sehr sauber und gepflegt. In diesem Ruf stand Deutschland auch einmal. Sehr strikt und genau scheinen es die Hundebesitzer zu nehmen. Allerdings sieht man auch viele Hinweise “Hunde bitte an die Leine” und “Hunde Hinterlassenschaften wegräumen”, aber dass es auch so hervorragend klappt, finden wir großartig. Eine Schlossbesichtigung wollten wir uns für Schloss Gripsholm aufbewahren. Hier schauten wir uns das mitten in der Stadt liegende Schloss nur von außen an.
Die Stadt Örebro hat uns beeindruckt. Sehr sauber, eine sehr schöne Innenstadt und große, gepflegte Parkanlagen. Nach ein paar Stunden ging es zurück zum Stellplatz und am späten Nachmittag, nach Verabschiedung von den Schweizern fuhren wir weiter nach Mariefred, zum Schloss Gripsholm.
Im Gespräch mit Hasse hatten wir erfahren, dass es in Schweden nur um die 35 Gastankstellen gibt. In Deutschland erhält man Autogas an fast jeder Tankstelle. Hier in Schweden muss dazu zu speziellen Gastankstellen. Unser Tank war schon fast leer. Daher nutzten wir das Internet, um eine dieser Gastankstellen in der Nähe ausfindig zu machen. Glücklicherweise war eine nur 10 Minuten von unserem Standpunkt entfernt. Das traf sich gut und schwuppdiwupp hatten wir auch wieder einen vollen Tank.