Cape Breton Island
2. Woche, 8. Tag – Dienstag, 18. September
Sightseeing in Sydney (Nova Scotia) und Kurzbesuch des Forts Louisburg
Wir befinden uns ja mittlerweile auf Cape Breton Island im Nordosten von Nova Scotia. Cape Breton ist bei Touristen besonders beliebt wegen der vielen Parks und Wandermöglichkeiten. Der berühmte Cabot Trail (die Ringstraße von Baddeck entlang der Ostküste bis hinauf nach Pleasant Bay und von dort zurück bis Inverness) ist quasi ein Muss für jeden Natur-liebenden Touristen. Das Wort “Trail” ist aber etwas irreführend, da es sich hier nicht um einen Trail im Sinne des Wortes handelt, sondern um eine Straße. Aber von dieser Straße führen viele, teilweise sehr anspruchsvolle Wanderrouten ins Innere oder auch entlang der Küste. Die Küste selbst ist meistens rau und schroff. Aber es gibt einige Strände, zum Beispiel bei Ingonish, Pleasant Bay und besonders Inverness.
Wir sind aber noch nicht auf dem Cabot Trail, sondern heute in Sydney. Die Stadt (Nova Scotias zweitgrößte) hat etwa 29.000 Einwohner und ist mit seinen historischen Gebäuden, Stränden und schön angelegter Hafenpromenade ein Anziehungspunkt für Touristen. Auch viele Kreuzfahrtschiffe machen regelmäßig hier am Pier fest. Wir sahen sogar Schiffe, die wir bereits in Halifax gesehen hatten.
Vielleicht habe ich bereits erwähnt, dass vieles – Orts- und Hinweisschilder zum Beispiel – zweisprachig ist, französisch und englisch. In einigen Gegenden ist die zweite Sprache allerdings Gälisch (statt Französisch). Und das, obwohl es kaum Menschen gibt, die das Gälische (Schottisch) verstehen oder sprechen. Das ist alles ziemlich verwirrend. Auf wenigen Quadratkilometern findet man hier das Celtic Box Office, das Acadian Community Centre, Whitney Pier`s Afro Nova Scotian Community, den Membertou (Mi’Kmaq Indianerhäuptling) Heritage Park, die Polnische Gesellschaft und eine Moschee. Wenn das nicht Multi-Kulti ist …
Die Akadier waren die frühen französischen Einwanderer und ersten Siedler, die von den Engländern später aus diesen Regionen mit rabiaten Methoden herausgedrängt wurden. Die Flagge der Akadier (französische Trikolore mit einem gelben Stern im oberen blauen Feld) ist hier vielerorts zu sehen. Auch gibt es mehrere französisch-sprachige Radiosender, die sehr viel französische Folklore senden.
Unsere Herbergseltern im kleinen B&B im Ortsteil Sydney River, Jeannie und Garfield (Tochter und alter Papa) sind sehr nett und verwöhnten uns mit opulentem Frühstück, das ungefragt kreiert wird: am ersten Morgen gab es Bacon and Egg auf süßem Brot, am nächsten Pancakes mit Maple Sirup, aber auch Bacon dazu. Jeannie erklärt uns, dass man das so macht in Cape Breton, täglich anders, ob man will oder nicht … oder so ähnlich.
Direkt nach dem Frühstück fahren wir zu einem Waschsalon (die gibt’s hier überall und lassen sich leicht über Google finden). Da das Wetter zu diesem Zeitpunkt ausnahmsweise mal nicht der Hit war, nutzten wir die Zeit sinnvoll, die Schmutzwäsche der vergangenen Woche wieder picobello sauber zu bekommen und natürlich auch zu trocknen. Als nach 90 Minuten alles fertig war, hatte es aufgehört zu regnen und einer Erkundung der Stadt stand nichts mehr im Weg.
Von Sydney waren wir sofort begeistert. Hier pulsiert das Leben, zumindest an der sehr schönen Hafenpromenade mit dem Boardwalk. Auch hier werden wir – offensichtlich als Touristen enttarnt – sofort angesprochen nach dem Woher und Wohin. Man (der Müllmann) wünscht uns einen tollen Urlaub und schöne Erlebnisse. Am Kreuzfahrt-Terminal ist viel los. Ein deutsches Paar berichtet, dass nur etwa 10 Deutsche auf der “Zuiderdam” der Holland-Amerika-Linie sind. Die beiden Rentner haben bereits viele Touren mit dem holländischen Unternehmen gebucht und waren total zufrieden.
Wir besichtigten dann die kleine alte Kirche, die von Freiwilligen betreut wird, die auch einen kleinen Markt betreiben mit „Art“, also allerlei selbst hergestellten Dingen, die nicht in unsere Koffer passen. Ansonsten besteht der Ort selbst mehr oder weniger aus der einen Hauptstraße mit seinen Läden und kleinen Restaurants und natürlich der schönen “Waterfront” mit dem Boardwalk.
Adirondack Stühle
Überall, wo wir waren, fielen uns die bunten Stühle auf, die vor Häusern, in Parks, an Uferpromenaden etc. standen. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass diese Stühle “Adirondack Chairs” genannt werden. Offenbar haben sich die Stühle an der amerikanischen und kanadischen Ostküste verbreitet. Sie bieten wirklich ein schönes, buntes Bild. In der Regel sind sie für die Öffentlichkeit bestimmt. Aber es gibt auch viele Haus- oder Balkonbesitzer, die sich die Stühle anschaffen. Wer möchte, kann die Geschichte der Adirondack-Stühle HIER nachlesen.
In unserer Pension hatten uns andere Gäste von ihrem gestrigen Besuch im Fort Louisbourg erzählt. Aber sie waren so gar nicht begeistert und rieten uns mehr oder weniger ab. Dennoch entschieden wir uns am Nachmittag, doch noch nach Louisbourg zu fahren, um uns einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Die Fahrt dauerte etwa 40 Minuten in südöstlicher Richtung von Sydney.
Es war bereits 16 Uhr, als wir an der Kasse ankamen. Das bedeutete, dass wir uns mit der Besichtigung beeilen mussten. Bedauerlicherweise hatte sich das Wetter wieder verschlechtert, was das Fotografieren schwierig machte. Das Fort und die dazu gehörende Geschichte waren hochinteressant, und wir bedauerten, erst so spät losgefahren zu sein. Wir hätten mindestens fünf Stunden zusätzlich gebraucht, um dem ganzen gerecht zu werden. So eilten wir flotten Schrittes durch das Fort und seine wieder aufgebaute kleine Stadt. Auch hier begegneten uns Mitarbeiter/innen des Museums in alten historischen Kostümen und gaben sich beschäftigt mit Schmiede, Küche, Haus und Hof.
Wenn man bedenkt, dass hier vor 60 Jahren kein Stein mehr auf dem anderen stand, hat die Regierung Kanadas Großartiges geleistet und natürlich auch die Menschen, die am Wiederaufbau beteiligt waren. Das war in den 1960er Jahren, als viele Bergbauminen (Kohle) in der Gegend geschlossen und die Leute dadurch arbeitslos wurden. Man gab den Leuten die Möglichkeit zu einer neuen Berufsausbildung (Handwerk wie Maurer, Zimmerer, Tischler) und sie fanden hier eine jahrelange Beschäftigung.
Im Fort wird auch an den Indianerstamm der Mi´kmaq, die in dieser Gegend beheimatet waren, erinnert. Die Mi´kmaq unterstützten die Franzosen während der zwei Belagerungen durch die Engländer (1755 und 1758). Trotzdem fiel das Fort 1758 an die Engländer. Wer mehr erfahren möchte, gehe bitte auf den folgenden Link: Fort Louisbourg
9. Tag, 19. September
Als nächsten Übernachtungsstopp hatte Frederick ein RV (Recreational Vehicle, also einen großen Wohnwagen/Wohnmobil) in Dingwall am Cabot Trail ganz im Nordosten von Cape Breton ausgesucht. Leider wurde unser Besuch dort am nächsten Morgen kurzfristig storniert, da es ein Problem mit der Heizung gab (inzwischen war es kalt geworden und wir hätten die Heizung mit Sicherheit benötigt!). Also wird ein Plan B benötigt.
Wir verabschiedeten uns von unseren Gastgebern Jeannie und Garfield, der uns noch einen schönen Satz mit auf den Weg gab: „You are not young for a very long time, so take your chance and make the most of it!“ Du bist nicht allzu lange jung, nutze also die Zeit, zum Reisen zum Beispiel …
Aufgrund der stornierten Unterkunft mussten wir also unsere Pläne ändern und entschieden uns für den Ort Baddeck, den man uns empfohlen hatte wegen des Alexander Graham Bell Museums. Es war an diesem Tag kalt und regnerisch (wir hatten uns bereits einen Schirm zugelegt), und damit ein perfekter Zeitpunkt für einen Museumsbesuch. Und interessant war es, Vieles über die sehr reiche und erfinderische Familie Bell zu erfahren: in erster Linie erinnern wir uns an Bell als den Erfinder des Telefons, aber es gab noch so viele andere Erfindungen von ihm (Tragflächenboote, erster motorisierter Flug in Kanada z.B.).
Baddeck selbst ist ein sehr hübscher kleiner Ort, der allerdings auch wieder mehr oder eher weniger aus einer Hauptstraße besteht. Weitere Häuser mit großen, wie hier üblich nicht eingezäunten Grundstücken liegen eher verstreut im Umland. Auch hier gab es wieder einen – wenn auch sehr kleinen – Fischereihafen (Lobster/Hummer Fishing).
Das erste im Ort gelegene und von uns angesteuerte B&B war uns zu teuer. Wir suchten daher das Touristenbüro auf und eine nette Dame half uns weiter. Wir berichteten über die Stornierung der Übernachtung und sie sagte spontan auf Deutsch: „Ach, du Sch….!“ Wir mussten alle darüber lachen. Sie erzählte dann, dass sie schon lange in Kanada lebte. Ihre Eltern kamen aus Schlesien und waren hierher ausgewandert. Sie führte dann einige Telefonate und konnte uns eine Übernachtung in einem nahe gelegenen Motel vermitteln. Auch das war nicht gerade günstig, aber nicht zu ändern. Als wir dort ankamen, entschieden wir uns bei einem Aufpreis von 10 Dollar für eine Cabin, eine kleine Hütte. Hier konnten wir unser Frühstück selbst machen, Müsli und Milch hatten wir inzwischen dabei. Jeden Tag Bacon and Egg on Toast wollten wir auf keinen Fall; wir wollten ja auf dem Heimweg noch in die Sitze des Fliegers passen…
Den Abend verbrachten wir bei einem gaelischen Konzert im etwa 20 Minuten Autofahrt entfernten Gaelic College. Hier gibt es Kurse zum Erlernen der gaelischen Sprache und verschiedener Musikinstrumente. Dort fand, wie jeden Mittwoch, ein Ceilidh statt, ein geselliges Beisammensein mit Musik (Fiddler, Gitarre, Klavier und Gesang sowie Geschichten erzählen). Es waren an die hundert Zuhörer/innen da, der Eintritt kostete 10 Dollar pro Person und kam dem College zugute. Auch frisch gebackene Cookies sowie Tee und Kaffee wurden gereicht. Die jungen Damen und der junge Gitarrist, die uns so viel Freude machten mit ihren schottischen und irischen Melodien, waren allesamt sehr gute Musiker. Es war eine tolle Atmosphäre und ein wirklich unterhaltsamen Abend.
10. Tag, 20. September
Wer rastet, der rostet … also ging es am Donnerstagmorgen gleich weiter. Als Dankeschön für den Motel-Tipp brachten wir der deutschen Dame in der Tourist-Info noch eine Tafel Lindt-Schokolade vorbei. Sie war fast sprachlos und freute sich sehr darüber. Dann ging es gegen den Uhrzeiger entlang des Cabot Trails nach Pleasant Bay.
Die Strecke führte uns durch den Cape Breton Highlands National Park, und bei dem Wort Highlands dachten wir sofort an Schottland. So sah es in dieser Gegend auch aus, wie in den schottischen Highlands, wunderschön! Frederick störte sich nicht an der teilweise kurvigen Straße. Entlang der Strecke stießen wir auf einen wirklich typischen amerikanischen “General Store”, wie man sie aus Western Filmen kennt. Da mussten wir einfach anhalten und wurden nicht enttäuscht. Es war ein richtig uriger Laden mit einem erstaunlichen Sortiment. Gewöhnungsbedürftig war die sehr große Waffenabteilung. Andere Länder, andere Sitten.
Kurze Zeit später stoppten wir an der Ingonish Beach, in der Hoffnung, am Strand das so gefragte „Sea Glass“, also abgeschilferte Glasscherben zu finden, leider ohne Erfolg! Dabei war uns dieser Strand als „the place to be“ angekündigt worden! Dafür gab es aber massenhaft viele Steine.
Da brauchte man ein Trostpflaster. Das fand sich in Neil´s Harbour in Form eines leckeren Mittagessens, einer Hummermahlzeit für Frederick zum sensationellen Preis von 25 kanadischen Dollars (18 Euro) für einen 1 ¼ Pfund Hummer direkt vom Kutter. Ich gab mich mit einem Salat zufrieden. Frederick schmeckte es hervorragend. Wenn man sich schon einmal einen Hummer gönnt, dann hier, in einem der vielen kleinen Häfen entlang des Cabot Trails, frischer können die nicht sein.
Nach der Strecke durch Wald, Hügel und Gestein auf guter Straße (und viel los ist nie) erreichten wir unser Motel Mountain View in Pleasant Bay an der Nordwest-Küste. Auch hier wieder die Erfahrung, dass es kleine geschlossene Orte, wie wir sie kennen, am Cabot Trail nicht gibt. Sie ziehen sich eher hin und die Holzhäuser stehen sehr vereinzelt etwas zurückliegend entlang der Straße. Um uns die Beine zu vertreten, liefen wir noch einmal zum 15 Minuten Fußweg entfernten Hafen. Dort lagen drei Whale-Watching Boote am Steg (Wale gucken).
Ein Verkaufsstand für die Tickets (in Form eines Leuchtturms) war noch geöffnet und wir erkundigten uns nach den Touren, die aus Kostengründen nicht auf unserer Liste standen. Hier aber wurde eine Tour von 1 ½ Stunden Dauer für 32 Euros pro Person angeboten. Das schien fair. Die Firma hieß dann auch noch „Guaranteed Whale Watching“. Das konnte ja nur interessant werden! Natürlich musste auch das Wetter berücksichtigt werden. Der nächste Tag sollte einer der letzten schönen Tage sein und die Fahrten würden bald danach eingestellt. Also ergriffen wir die Chance und buchten uns für 11.30 Uhr des folgenden Tages ein.
Das wunderschöne Licht der untergehenden Sonne animierte uns im Anschluss zu einer Strandwanderung und dort fand ich doch tatsächlich einen ganz besonderen Stein, perfekt wie ein Ei geformt. Ein einmaliger Fund!
11. Tag, 21. September
Heute Morgen also los zum Hafen. 24 Interessenten hatten sich eingefunden. Das Wetter war perfekt, kein Wind und die Sonne schien auf das blaue Meer. Der Käpt´n schipperte hinaus aus der Bucht und alle starrten gebannt aufs Wasser, bis irgendwann jemand schrie: Whales! Wir standen auf dem oberen Deck (immer nur acht Personen auf einmal waren dort erlaubt und das im Wechsel, also sehr fair!). Ein toller Anblick, Wale in freier Natur zu erleben! Frederick hatte die Kamera gezückt und hatte einige Male Glück, ein gutes Bild zu schießen.
Alle waren aufgeregt und begeistert zugleich! Der Käpt´n und seine Mannschaft (zwei Crew-Mitglieder) erzählten einiges über die Wale und ihre Lebensweise. Als es zurück zum Hafen ging, richteten sich die Blicke auf den Wald und jemand rief: Eagle! (Adler). So sichteten wir nun auch noch einen „Bald Eagle“, also ein Weißkopfadler, das Wappentier der USA! Ein tolles Erlebnis! Frederick war zufrieden mit seiner Fotoausbeute! Was konnte jetzt wohl noch kommen?
Um 13.30 Uhr waren wir wieder an Land und ein Ziel hatten wir noch für heute: den “Skyline Trail”, der populärste Wanderweg in dieser Gegend, etwa eine halbe Stunde Fahrt von Pleasant Bay in südwestlicher Richtung. Leider gab es eine riesige Straßenbaustelle. Auf mehreren Kilometer wurde es eine sehr holprige Tour, und unser Auto sah entsprechend verdreckt aus. Aber schließlich erreichten wir den Parkplatz , und liefen auch gleich auf dem berühmten „Skyline Trail“ los. Dieser Weg ist ein fast 8 km (mit kleinem Schwenk 9,5 km) langer Waldweg, teilweise als Holzbohlenpfad.
Unterwegs gibt es etliche Erklärungen und Beschilderungen zur Natur. So erfuhren wir, dass die dort lebenden Elche sehr gern die kleinen Bäumchen fressen, die dann nicht mehr groß werden können. So kam man auf die Idee, große Flächen durch hohe Zäune den Elchen nicht mehr zugänglich zu machen. Dort pflanzte man neue Bäume. Erst wenn diese eine gewisse Höhe erreicht haben, werden die Zäune versetzt und das ganze Spiel geht von vorne los.
Es gibt eine hölzerne Aussichtsplattform, die aber nicht das Endziel ist. Ziel ist der atemberaubende Blick auf die St. Lorenz Buch am Ende des Trails, dicht an den hohen Klippen. Bis dahin brauchten wir aber noch eine Stunde. Der Wald lichtete sich dann und es bot sich uns eine tolle Aussicht auf die sich an der Küste entlang schlängelnde Straße und das Meer. Überwältigend!
Der Weg führte weiter über die Holzbohlen und Stufen den Hang hinunter. Hier war einiges an Höhentauglichkeit gefordert, nur nicht aufschauen, sondern auf Schritt und Tritt achten! Oder anhalten und Aussicht genießen. Beides zur gleichen Zeit geht nicht!
Auf der letzten Aussichtsplattform, die wie ein Balkon auf dem Felsplateau angelegt war, hatten sich außer uns einige andere Wanderer eingefunden. Der Cabot Trail mit seinen zahlreichen und interessanten Angeboten zählt unbedingt zu den Erfahrungen auf einer Reise nach Nova Scotia.
Nun war es doch schon später geworden und wir liefen zurück, denn wir wollten noch vor Einbruch der Dämmerung aus dem Wald heraus sein. Zugegebenermaßen hatte ich ein bisschen Bammel vor den Elchen, obwohl – wie Hundebesitzer oft von ihren Vierbeinern sagen – die nichts tun, sondern eher weglaufen.
Kaum aus dem Wald heraus und nah Ende des Trails angelangt, winkten uns aufgeregt Leute zu und zeigten auf das Gebüsch neben dem Wanderpfad: “There is a moose, a big one!“ Tatsächlich, eine ziemlich große Elchkuh ließ sich von all den Gaffern nicht stören, sondern rupfte und fraß sein Abendessen in ca. 30 m Entfernung! Frederick brachte auch hier ein paar schöne Aufnahmen in den Kasten und wir freuten uns, dass wir zum ersten Mal so ein großes Tier in freier Wildbahn erleben durften, natürlich mit genügend Sicherheitsabstand.
Wandern macht hungrig und eine halbe Stunde weiter liegt der Ort Cheticamp. Dort kamen wir gegen 18 Uhr an, Zeit zum Einkehren fürs Abendessen. Mr. Chicken, ein Fastfood Restaurant war gerade das richtige für uns. Die sehr freundliche Bedienung servierte uns ein vorzügliches Essen, dass wir – ausgehungert, wie wir waren – voller Genuss verspeisten.
Wie an vielen anderen Orten entlang der Küste des Cabot Trails und Nova Scotia haben sich in Cheticamp viele Akadier (frühe Franzosen in Kanada) niedergelassen. Deshalb auch hier die Zweisprachigkeit der Schilder. Sogar auf eine Boulangerie (Bäckerei) wurde hingewiesen, die aber schon geschlossen war. Da wir hier morgen bei unserer Weiterfahrt noch einmal durchkommen würden, werden wir hier nochmals anhalten, um ein frisches französisches Baguette zu kaufen. Cheticamp ist ein direkt an der Küste gelegener Urlaubsort mit hübschen Holzhäusern und einer großen 125 Jahre alten Kirche. Doch für uns wurde es Zeit für die etwa 50 minütige Rückfahrt zu unserem Motel.
12. Tag, 22. September
Für den heutigen Samstag war Unwetter angekündigt und so war es auch: Als wir aus dem Motelfenster schauten, goss es in Strömen, dazu ein heftiger Sturm. Eine gute Kombination, um im Auto zu sitzen und weiterzufahren. Uns taten die Radfahrer einer Fahrrad-Reisegruppe leid, die durch so ein Wetter auf ihrem Erlebnis „einmal im Leben 300 km rauf und runter entlang des Cabot Trails“ hindurch mussten. Für uns ging es dieselbe Strecke wie am Vorabend Richtung Cheticamp, und Frederick musste schon ziemlich gegensteuern bei dem Sturm. Dort angekommen, führte unser Weg direkt zur französischen „Boulangerie“, weil wir unbedingt ein französisches Baguette kaufen wollten. Doch welche Enttäuschung: der Bäcker hatte doch glatt VERGESSEN, an diesem Morgen Baguettes zu backen. Wir waren sprachlos.
Unser Tagesziel war der kleine Ort Port Hood, der zum Ceilidh Trail (sprich Kaylee) gehört. Das bedeutet, dass hier allerorten Volksmusik (Schottisch und irisch) gespielt wird. Dort hatten wir ein Motel für zwei Nächte gebucht.
Zum Glück verbesserte sich das Wetter unterwegs und so konnten wir doch einige Ausblicke auf Meer und Wälder genießen. In Inverness – wieder ein recht niedlicher Durchfahrtsort (das heißt eine Hauptstraße, kaum geschäftige Nebenstraßen) – konnten wir noch eine kleine Strandwanderung machen, um nach dem begehrten „Beachglass“ zu suchen. Angeblich sollte es hier das meiste Angespülte davon geben (von den Wracks der Schiffe). Ein paar kleine Teile fanden wir dann auch, was die Sammlerin freute.
So langsam neigt sich hier die Saison dem Ende zu. Ab Mitte Oktober ist so ziemlich alles dicht in Inverness, – bis Ende Mai, Anfang Juni. Ich staune darüber, wie die Leute das hier aushalten, das Nichtstun, die Ruhe und dass so gar nichts los ist. In Inverness besorgten wir uns noch einige Lebensmittel zum Abendessen.
Das Hinweisschild Glenora Distillery kurz vor Mabou zwang uns noch mal, kurz abzubiegen. Nur mal gucken … wir hatten ja schon in Schottland und Irland Destillerien besichtigt und auch mal eine Flasche Whisky gekauft. Über diese kleine Destillerie wurde in verschiedenen Touristenbüros berichtet mit dem Hinweis, dass der Whisky ganz schön teuer sei. Deshalb schlenderten wir neugierig durch den Gift-Shop (Souvenirladen) und es war wirklich alles sehr teuer, besonders alles, was mit Whisky zu tun hatte. Wir freuten uns, dass wir mal gar nichts brauchten und investierten das gesparte Geld in zwei halbe Pints Bier und genossen die Atmosphäre in dem Pub, in dem zwei ältere Herren mit ihrer Fidelei für Stimmung sorgten.
Anschließend fuhren wir durch den schönen Ort Mabou, durch die Hauptstraße mit den schönen Holzhäusern und kamen nach weiteren 15 km in unserem Motel in Port Hood an. Wie schön es hier war! Der Strand ist nur einen Fußweg von 10 Minuten. Wir vertraten uns die Beine und machten einen langen Strandspaziergang und fanden dabei etliche geschilferte Glasstücke in verschiedenen Farben.
13. Tag, 23. September
Das Wetter war inzwischen wieder schön geworden. Blauer Himmel und Sonnenschein und wir schauten uns am nächsten Tag ein wenig die Gegend an. Auch an den Strand zog es uns wieder. Für den Abend hatten wir einen Tisch in dem Bistro gegenüber gebucht. Wir speisten bei unterhaltsamer irischer/keltischer Musik. Ein junges Mädchen fidelte sich die Seele aus dem Leib, begleitet von einem Gitarre-Spieler. Natürlich spendeten auch wir – wie alle anderen – außer Beifall ein bisschen Taschengeld für die beiden.
14. Tag, 24. September
Auf Wiedersehen Cape Breton Island. Über den Canso-Causeway, verließen wir die Insel und den Cabot Trail, den manche auf Grund seiner oftmals unberührten Natural als eine der Traumstraßen der Welt einstufen. Ab jetzt sollte die Besiedelung wieder dichter werden. Die Stadt Truro ist unser nächstes Ziel, jawohl: Truro! Das ist ja auch der Name der Hauptstadt von Cornwall! Aber hier wundert man sich über nichts mehr. Auf der Landkarte entdeckten wir Oxford, Windsor, Liverpool, Chester, Yarmouth, New Glasgow, Inverness, Cambridge, sogar Falmouth (in Falmouth in Cornwall haben wir ja einige Jahre gewohnt) und Sydney, das wir bereits auf dieser Reise besucht haben. Die Einwanderer haben sich sicher etwas dabei gedacht, ein Stück Heimat mitzunehmen.
In der Provinzhauptstadt Antigonish machten wir eine kleine Pause. Dies ist eine sehr schöne, historische Universitätsstadt. Wissenschaft und Kunst wird gelehrt. Kunst spiegelt sich wider in all den kleinen Galerien und Cafés, die originell eingerichtet sind. Wir landen in einem, das von jungen Leuten betrieben wird und müssen doch tatsächlich für Kaffee und Muffins Schlange stehen, so viel Betrieb herrscht dort! Wir laufen danach noch ein wenig in der Stadt umher und bewundern die hübsch gestalteten Häuser.
Ein junger Mann schenkt mir eine kleine kanadische Flagge und berichtet mit Stolz, dass sein Land im letzten Jahr 150. Geburtstag gefeiert hat. Als er hört, dass wir aus Deutschland kommen, muss er lachen und findet selbst, dass 150 Jahre noch keine lange Zeit für eine Nation ist und in Europa alles so viel älter ist. Er verabschiedet sich mit einem „Auf Wiedersehen“. In einem Secondhand Laden kann ich nicht widerstehen und kaufe einen großen Glasteller für 3 Dollar. Frederick bekommt schon Kopfschmerzen, wie wir den in den Koffer bekommen sollen …
Schließlich erreichen wir das Motel Tidal Bore Inn am Rande von Truro. Wir sind sehr neugierig auf die Stadt. Deshalb bringen wir unsere Koffer schnell auf das Zimmer, holen einige Informationen vom Mitarbeiter am Empfang und spazieren gleich los auf dem empfohlenen Cobequid Trail, einem vier Kilometer langen schönen Fußweg zur Stadt. Den gut ausgebauten Pfad teilen wir uns mit Joggern, Gassi-Gehern und Radfahrern. Zu den Gassi-Gehern ein Wort: Nicht einmal haben wir auf unserer Tour durch Nova Scotia Hinterlassenschaften von Vierbeinern gesehen, geschweige denn Müll oder Dreck auf den Wegen. Es gibt – wie in Irland – kaum Papierkörbe. Es wird erwartet, dass man Rücksicht auf die Umwelt und seine Mitmenschen nimmt und seinen Kram wieder mit nach Hause nimmt, es dort entsorgt. Wir finden das gut!
Nach einer guten Stunde im Zentrum angekommen, holen wir uns ein paar Tipps im Visitor Centre. Ich werde wieder schwach und kann einem Paar Ohrringe (silberne Seesterne) aus der Souvenierabteilung nicht widerstehen. Frederick schenkt sie mir! Vor der Visitor Centre steht überraschenderweise ein Klavier mit offenem Deckel und einem Stuhl davor. Eine klare Einladung, ein paar Takte zu spielen, die Frederick sofort wahrnimmt. Leider war es etwas verstimmt. Wir sahen dann später noch zwei weitere Klaviere in der Stadt.
Truro ist sehr lebendig mit einem College und vielen gepflegten Holzhäusern. Cafés, Läden und Restaurants säumen die Hauptstraße. Mindestens an vier Kirchen kommen wir vorbei, sie scheinen die Gemeinschaft zusammen zu halten. Das ist uns überhaupt aufgefallen, nämlich wie viele verschiedene Religionsgemeinschaften doch vertreten sind in den Städten: Anglikanisch, katholisch, calvinistisch, protestantisch, die Baptisten. Es fehlen wohl noch ein paar, die mir nicht einfallen.
Insgesamt dauerte unsere Wanderung 3 ½ Stunden, die Füße beschwerten sich langsam! Für unser Abendessen hatten wir gesorgt und waren froh, dass wir es uns im Zimmer gemütlich machen konnten.
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Hallo Weltenbummler!
Bäckereien ohne Baguettes, Strände wo Glas zu finden sein soll und doch nichts zu finden war….
Kanada kann auch enttäuschen! Aber auf-und abtauchende Wale, Elchkuh und Weißkopfadler
halten die Kanada-Fahne hoch und sorgen damit doch noch für Reiseerlebnisse der erwarteten Art!
Tolle Bilder von Menschen und Häusern, Stränden und Buchten, aufziehenden Unwettern und natürlich
von Euch in kanadisch-cornischer Umgebung sorgen bei uns Lesern für Eindrücke, die Ihr sicherlich
für Ewig mit Euch tragt.
Danke – by the way – für Eure lieben Geburtstagswünsche, ich habe mich sehr gefreut, daß Ihr daran gedacht habt!
L.G. Assi