Dumfries (Schottland)
Freitag, 23. Juni 2023
Bye Bye Irland
Über die Ver- und Entsorgungsstation am Golfplatz fuhren wir dann nach Carrickfergus, stockten dort im Sainsbury Supermarkt unsere Lebensmittelvorräte noch einmal auf und waren kurze Zeit danach am Fährhafen in Belfast. Die Fähre fuhr pünktlich um 15.30 Uhr ab und zweieinhalb Stunden später waren wir schon in Cairnryan auf der schottischen Seite.
Pünktlich zu Beginn unserer Rückreise begann es zu regnen. Der Regen hielt bis zu unserer Ankunft im schottischen Dumfries (etwa 33.000 Einwohner) an. Wir stellten das Wohnmobil auf einem großen Parkplatz im Zentrum ab, auf dem man übernachten durfte. Es regnete weiterhin, trotzdem machten wir – wie üblich – eine erste Erkundungstour durch das Zentrum. Dumfries ist alt! Im Jahr 1186 erhielt es die Rechte eines “Royal Burgh”, vergleichbar mit unseren mittelalterlichen Stadtrechten. Im 13. Jahrhundert konnte es mit einem königlichen Schloss (Robert the Bruce, König von Schottland) glänzen. Das und der Glanz existieren leider nicht mehr. Eher sah das Zentrum, der historische Ortskern nach Vernachlässigung aus. Viele Leerstände, Jugendliche kickten leere Getränkedosen und Plastikflaschen durch die Gegend. Müll überall! Kneipe an Kneipe, aus denen Musik dröhnte und Raucher vor den Türen standen, – okay, ein Freitagabend halt. Der Regen tat ein Übriges, den trüben Eindruck zu verstärken.
Wir flüchteten vor dem Regen und allem anderen in eine kleine Bar mit – wie wir durch die Fensterscheiben sehen konnten – Publikum in unserem Alter. Gemütlich war’s hier. Das Mädchen Elsa hinter dem Bartresen beriet Frederick zu den angebotenen Bieren. Ich ging auf Nummer Sicher mit einem Glas Weißwein. Mit Elsa entspann sich ein netter Austausch. Französin, geboren in Indien, Studierende an der Uni Dumfries, viel gereist. Übrigens sprach sie Englisch ohne auch nur den Hauch eines französischem Akzents.
Und dann gibt es ja noch Robert Burns (1759-1796), von den Schotten verehrter Schriftsteller und Poet. Er lebte im letzten Drittel seines Lebens in Dumfries auf seiner Farm Ellisland. Burns schuf das Lied “Auld Lang Syne“, inzwischen Teil britischer Tradition, das vor allem zum Jahreswechsel gespielt und gesungen wird. Gern mal aufrufen, Ihr erkennt es sofort!
Burns Night oder Burns Supper wird zu Ehren des Dichters weiterhin hochgehalten und an seinem Geburtstag, am 25. Januar gefeiert, und zwar überall dort, wo sich Schotten auf der Welt versammelt haben, vor allem in Kanada, Nordirland, Australien und den Vereinigten Staaten. Es folgt einem sehr traditionellen Ritual. Wen es interessiert, bitte mal im Internet nachlesen. Whiskey, Reden schwingen, Dudelsack-Musik und ganz wichtig: das Essen, Haggis (Mahlzeit mit Innereien) spielen eine große Rolle. Immer noch interessiert? Für mich wäre nur der Nachtisch, Trifle interessant…?
Samstag, 24. Juni 2023
Frederick wollte vor der Weiterfahrt unbedingt noch SCHÖNE Fotos von Dumfries machen. Das sollte gelingen, denn die Sonne schien am Morgen.
Kaum aus dem Wohnmobil gestiegen, bot sich auch gleich ein Motiv. Ein Soldat wickelte eine Holzstatue aus, die auf auf einem Wägelchen stand , das von ihm Meile für Meile für einen guten Zweck durch die Lande gezogen wird. Im Gespräch stellte sich der Soldat vor, im Hinblick auf den Humor seiner Mutter (Nachname Hood) konnte es für ihn nach seiner Geburt nur einen Namen geben: Robin! Robin Hood also einer, der Gutes tut. Er sammelt für Veteranen, die nach Kriegseinsätzen auf der Strecke geblieben sind und denen nicht genügend geholfen wird. Wir spendeten auch sofort einen Geldbetrag.
Robin leistet Enormes. Die hölzerne Statue, die einen Highländer Soldaten darstellt, wiegt inklusive des Wägelchens etwa 300 kg, und heute schleppte er sie zu einer besonderen Veteranenveranstaltung ins Stadtzentrum von Dumfries. Viele sind bereit, eine Spende abzugeben. Robin ist hier bekannt. Es gab bereits mehrere Fernseh- und Zeitungsberichte über ihn. Mehr als eine Million Pfund hat er über die Jahre gesammelt und so vielen Menschen helfen können. Bis nach London hat er seinen Highländer Kumpanen bereits gezogen. Seine Berichte berührten uns sehr.
Und wie anders (und besser) sah Dumfries im Sonnenschein aus! So kam Frederick noch zu seinen schönen Fotos und einer richtig guten Story!
Mittlerweile war die Veteranenveranstaltung in vollem Gang. Blasmusik ertönte und Reden wurden geschwungen. Als Hauptrednerin erschien Fiona Armstrong, ihres Zeichens “Lord Lieutenant”, das ist der Titel der persönlichen Repräsentanten des britischen Monarchen in den Verwaltungseinheiten. Die ganze Innenstadt war geschmückt und überall waren Verkaufsstände aufgebaut. Auch Robin Hood mit seinem Highländer hatte sich unter das Volk gemischt und wir konnten beobachten, dass sehr eifrig gespendet wurde.
Wir ließen uns ein wenig treiben und genossen die Atmosphäre. An einem Stand ergatterten wir zwei Schalen frisch geernteter, schottischer Erdbeeren je 400g für, man glaubt es kaum, ein Pfund je Schale (umgerechnet 1,17 €)! Wie sich später herausstellte, schmeckten sie toll.
Ein Uhrenturm mitten in der Fußgängerzone erweckte unser Interesse. So erkundigten wir uns. Das Gebäude heißt “Midsteeple”, wurde im Jahr 1707 fertiggestellt und war ursprünglich das Rathaus der Stadt, später dann auch Polizeistation und Gefängnis. Heute ist dort, unter anderem eine Theaterkasse untergebracht.
Wir wollten die Stadt noch etwas weiter erkunden und wanderten hinunter zum Fluss “Nith”. Sofort fiel uns eine alte Steinbrücke auf, die offenbar noch aus dem Mittelalter stammte. Sie heißt Devorgilla oder auch “Old Bridge” und wurde (vermutlich) 1432 fertiggestellt. Heute ist sie eine reine Fußgängerbrücke und führt zum nördlichen Stadtteil von Dumfries. Im Fluss “Nith” gibt es eine Menge Stromschnellen und daher ist er auch nicht schiffbar. Von der Brücke aus erhaschten wir einen Blick auf ein mittelalterliches Gebäude mit mehreren Türmen. Ein Passant klärte uns auf: Es ist das Gerichtsgebäude der Stadt.
Per Zufall liefen wir in die Richtung der Tourist-Info, die etwas versteckt lag, aber dafür um so interessanter war. Sehr freundliches Personal, das richtig bemüht war, uns über ihre Stadt zu informieren. Ganz besonders waren wir beeindruckt von einer wunderschönen Patchworkarbeit, die als Dekoration an einer Wand angebracht war. Das Foto zeigt nur einen Teil der Arbeit. Eine weitere Attraktion in der Tourist-Info ist eine hölzerne Bank mit einem außergewöhnlichen Design (siehe Foto). Dazu gibt es eine Geschichte: Das Holz stammt von einer sehr alten Ulme, die einmal im Garten von Robert Burns Ellisland Farm stand. Der Baum lebte noch bis vor ca. 20 Jahren, wurde ungefähr 230 Jahre alt.
Unsere Stadtwanderung war beendet und es war auch Zeit, weiterzufahren, denn wir wollten ja heute noch nach Alnwick (gesprochen Ännick) an der englischen Nordseeküste. Dort wollten wir das Alnwick Schloss besichtigen. Gegen 14 Uhr fuhren wir daher weiter. Mehr darüber im nächsten Bericht Alnwick – Stamford – Dover.