Wendland und Prignitz
Vom 18. bis 26. September 2021 im Wendland und der Prignitz unterwegs
Nach kurzer Pause zu Hause entschieden wir uns wegen des guten Wetters, dieses zu nutzen und nochmals auf Tour zu gehen. Wozu hat man schließlich ein Wohnmobil … Außerdem hatte ich (Anne) mich endlich dazu aufgerafft, eine lange vor mir hergeschobene Operation am linken Fuß (eine alte Verletzung, die mehr und mehr schmerzte) vornehmen zu lassen, Termin am 9. November 2021. Da würde ich sowieso erstmal für eine Weile ausgeschaltet sein und unsere Überwinterungspläne für Spanien hatten sich damit auch erledigt.
Fast nach dem Motto „In 80 Tagen um die Welt“ erlebten wir (am Ende wurde es mit noch einer weiteren Tour nach MacPom der 15. Oktober!) so viele interessante Orte, auch und gerade in Mecklenburg-Vorpommern. Es wäre schade um die vielen schönen Fotos, die Frederick auf der Tour gemacht hat, wenn wir nicht diese Reiseberichte zum Ende des Jahres fortsetzen würden. Der MacPom-Bericht folgt in Kürze.
Beginnen wir mit Hitzacker an der Elbe. Dort waren wir vor vier Jahren schon einmal gewesen. Der Stellplatz nahe der historischen Innenstadt und noch näher der Elbe ist kostenlos. Wir blieben drei Nächte. Richtung Stadt gibt es neben der öffentlichen Toilette auch eine Möglichkeit zum Duschen. Diese Einrichtung ist sicher auch für die Segler/Wassersportler gedacht.
Die kleine Stadt (ein Kneippkurort) hat etwa 5000 Einwohner. Sehenswert sind die vielen Fachwerkhäuser. Manche warten sehnsüchtig auf Restaurierung. Hitzacker prägte sich ins Gedächtnis vieler ein, weil der Ehemann der niederländischen Königin Beatrix (Claus von Amsberg) von hier stammte. Zu Zeiten der Eheschließung (1966) war es ein mittlerer Skandal, dass sie sich für einen Deutschen entschied. Die Presse stürzte sich damals geradezu darauf.
Hitzackers Zwerge
Der nicht gerade kleine Stellplatz war bei unserer Ankunft proppenvoll. Nur mit Mühe und etwas Kreativität fanden wir noch ein Plätzchen und machten uns dann sofort auf Entdeckungsreise, denn der letzte Besuch war nur ein kurzer gewesen. So entdeckten wir kleine Gassen, eine Burgruine auf dem Weinberg und – über den ganzen Ort verteilt – kleine Zwergen-Skulpturen. Die Geschichte der Zwerge erfuhren wir aus der Hitzacker Touristenbroschüre: Einst wohnten die Zwerge im Weinberg. Sie halfen den Bewohnern, besaßen gar eine Braupfanne, die sich die Bevölkerung bei großen Festen von ihnen auslieh. Nach Gebrauch wurde den Zwergen die Braupfanne zurückgegeben, nicht ohne einen Krug Bier und frisch gebackenem Brot. Am nächsten Tag waren diese Dinge, die vor der Zwergenhöhle abgelegt waren, verschwunden.
Eines Tages aber kam ein hungriger und durstiger Handwerksgeselle des Weges daher und bediente sich frech von den den Zwergen zugedachten Speisen. Nicht nur das, er erleichterte sich auch noch in die Braupfanne! Die Zwerge empfanden solch ein Verhalten als unverschämt und zogen über die Elbe von dannen. Die Einwohner nahmen es dem Fährmann sehr übel, dass er bei dieser Flucht geholfen hatte. Es geht die Sage, dass er als Lohn von den Zwergen in Pferdeäpfeln verborgene Golddukaten erhalten sollte. Er machte aber einen Fehler: Hatte er mit dem Ausfegen der Pferdeäpfel aus dem Kahn zu spät erkannt, dass diese sich in Gold verwandelt hatten, dies sein Lohn gewesen wären. Nun lagen sie auf dem Grund der Elbe! Auch nach langem Suchen fand der Fährmann sie nicht. Die Zwerge kehrten nie wieder zurück. Die Hitzacker Bürger nennen sie ”Pannenschieter”.
Diese schöne Geschichte wird mittlerweile touristisch gut vermarktet. Im Tourismusbüro bekommt man ein Informationsblatt, mit dem man an einem Gewinnspiel teilnehmen kann. Thema: Findet die Zwerge (34 kleine Skulpturen gibt es, alle von einer polnischen Künstlerin aus Breslau geschaffen). Wir gingen also auf die höchst amüsante Zwergenjagd und lernten auf diese Weise den ganzen Ort kennen. Gewonnen haben wir leider nicht, trotzdem hatten wir bei der Zwergenjagd viel Spaß.
Archäologisches Zentrum Hitzacker
1990 wurde – wegen zahlreicher archäologischer Funde bei Ausgrabungen – Deutschlands erstes Freilichtmuseum der Bronzezeit hier in Hitzacker gegründet. Hier erfährt man, wie die Menschen damals lebten. Das Museum liegt nur wenige Minuten vom Stellplatz entfernt, wir können einen Besuch dort wärmstens empfehlen! Nachbildungen zeitgenössischer Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie Funde von Werkzeugen, Utensilien und Geräten vermitteln das Gefühl des Lebens der Menschen.
Dannenberg und Lüchow
Drei Tage hielten wir es in Hitzacker aus. Dann setzten wir unsere Tour fort über Dannenberg nach Lüchow. In beiden Städtchen bewunderten wir die für die Gegend typische Fachwerkarchitektur. Doch war auch offensichlich, dass weitere Entwicklung , d.h. Investionen den Orten sicher guttun würde. In Dannenberg gibt es keinen geeigneten Stellplatz. Daher parkten wir dort nur für einen Rundgang durch den Ort. Das Städtchen ist viel kleiner als wir uns vorgestellt hatten, so dass der Rundgang nur von kurzer Dauer war. Nach knapp zwei Stunden waren wir schon wieder im Wohnmobil und starteten Richtung Lüchow.
Lüchow hat einen kostenlosen Stellplatz, allerdings ohne irgendwelche Services, wie Ver- und Entsorgung oder Strom. Doch mit unserem autarken Wohnmobil brauchen wir keinen externen Strom und entsorgt hatten wir gerade in Hitzacker. Es dämmerte bereits, als wir den Stellplatz in Lüchow erreichten. Bis zum Zentrum waren es 15 Minuten Fußweg. auch hier fallen einem sofort die vielen, restaurierten Fachwerkgebäude auf. Fotografiert im Zwielicht der Abenddämmerung vermitteln sie eine ganz besondere Atmosphäre.
Die Nacht auf dem Stellplatz war ruhig. Am nächsten Morgen gingen wir auf Entdeckungstour. Es gibt dort einen großen Stadtpark mit viel Grün und großen Bäumen
– eine Oase der Ruhe. Der Fluss Jeetzel, der ja in Hitzacker in die Elbe mündet, fließt durch Lüchow hindurch. Zentrumsnah stießen wir auf eine Burgruine. Nur der Wehrturm und Teile der Burgmauer sind noch erhalten. Das wars dann auch.
Museumsbesuch in einem Rundlingsdorf
In dieser Gegend gibt es die Rundlingsdörfer des Wendlands. Eines dieser Dörfer heißt Lübeln und das wollten wir uns heute anschauen. Hier findet man auch das Rundlingsdorfmuseum. Das Museum entpuppte sich als ein richtiger Schatz. Eigentlich ist es ein Freilichtmuseum mit mehreren historischen Wirtschaftsgebäuden gruppiert um das Haupthaus. Es gab viel zu sehen, viel zu lesen und viel zu lernen. Wir hielten uns fast zwei Stunden dort auf.
In der Siedlungsform eines Rundlingsdorfes weisen alle Häuser zu einem zentralen Platz. Die Ursprünge gehen offenbar auf die Slawenzeit zurück. Heute erscheinen uns diese Dörfer als Inbegriff der Idylle á lá Bullerbü und heiler Welt. Auch deshalb gehören sie zur wichtigen Urlaubsregion, Baukultur und eine einzigartige Architektur. Um 1800 zählte man etwa 200 dieser Dörfer, heute existieren etwa nur noch die Hälfte. Sicher ist hier im Sommer viel los, ob zu Fuß auf Wanderungen, per Rad oder Auto kann man diese Gegend wunderbar erkunden. Es lohnt sich! Überall gibt es Unterkünfte und Hotels, ein richtiger Geheimtipp. Oder vielleicht doch nicht (mehr), denn es gibt Bemühungen, in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen zu werden.
Salzwedel
Am 21. September kamen wir in der Hansestadt Salzwedel, Kreisstadt des Altmarkkreises Salzwedel in Sachsen-Anhalt an. Wir kannten den kleinen Stellplatz am Schwimmbad aus den Vorjahren. Leider waren alle fünf Plätze besetzt. Ein freundlicher Platzwart wies uns an, auf dem gegenüberliegenden Ausweichplatz zu parken. Für 6 € und Brötchenservice am nächsten Morgen einfach toll!
Auch die Stadt Salzwedel (etwa 25.000 Einwohner) liegt uns sehr am Herzen. Fachwerkhäuser, kleine Gassen, viele individuelle Lädchen, ein bekanntes Café, in dem es leckeren Baumkuchen gibt (Salzwedel ist überregional berühmt für seine Baumkuchen). Wir kommen immer wieder gern hierher zurück. Nicht weit vom Stellplatz entdeckten
wir einen kleinen, privat betriebenen Tierpark mit einigen niedlichen und ungewöhnlichen Tieren. Die wollten natürlich gefüttert und gestreichelt werden. Nach knapp drei Stunden waren wir wieder am Stellplatz und wollten eigentlich gemütlich zu Abend essen.
Aber dann: Alarm – kein Strom!
Was war passiert? Es war schon dunkel, als wir zurückkamen und als wir im Wohnmobil das Licht einschalten wollten, passierte nichts. Schnell stellten wir fest, dass überhaupt nichts funktionierte, gar nichts, null, nada, niente! Was war denn da los? Unsere Strom App auf dem Handy zeigte 100 % Ladezustand der Bordbatterie an. Wir waren beide ratlos und entschieden uns, die Werkstatt in Mühlacker anzurufen, die unsere Anlage installiert hatte. Wir wurden gebeten, die Installation unter dem Beifahrersitz zu überprüfen, was sich als recht mühselig herausstellte, weil alles schwer zugänglich war. Kurzum, wir kamen nicht weiter.
Um an Strom zu kommen, fragten wir den freundlichen Platzwart, der uns dann gestattete, unser Außenstromkabel an eine Steckdose auf seiner Terrasse anzuschließen. Glücklicherweise war unser Kabel lang genug. Damit hatten wir jetzt Strom für den Abend und die Nacht.
Wie schon so oft bei Problemen unterwegs, posteten wir aber unser Problem auf dem Wohnmobilforum auf Facebook und siehe da, ein Tipp aus dem Forum, der über Nacht hereinkam führte zur Lösung. Eine Leserin schlug vor, zu prüfen, ob der Hauptschalter hinter dem Beifahrersitz eingeschaltet war. Das überprüften wir gleich am nächsten Morgen. Der Schalter war tatsächlich aus. Kurz wieder angeschaltet und, hurra, der Strom war zurück. Und wieso war der Schalter aus? Hinter dem Rücksitz lagern wir oft die Schuhe, die wir beim Betreten des Wohnmobils ausziehen. Der Hauptschalter ist direkt dort positioniert. Beim Herausnehmen der Schuhe vor unserem Stadtrundgang hat einer von uns wahrscheinlich mit einem Schuhe den recht leichtgängigen Schalter berührt und ihn dadurch ausgeschaltet, ohne es zu bemerken. Sachen gibts! Wir hatten uns schon auf eine Fahrt nach Mühlacker in Baden-Württemberg eingestellt. Der Kelch ging glücklicherweise an uns vorüber.
Gartow und Schnackenburg
Gartow und Schnackenburg lagen auf unserer weiteren Route. In Gartow parkten wir südlich des Sees, da wir auf Grund einer Baustelle nicht in den Ort fahren konnten. Nur mit Mühe gelang es uns, durch die Baustelle hindurch zu navigieren. Schön restaurierte Häuser, das Gartower Schloss und der Gartower See kompensierten uns für den aufwand. wie wir dann erfuhren, war der Durchgang durch die Baustelle für Fußgänger aus Sicherheitsgründen verboten. Wir mussten aber zurück zu unserem Wohnmobil und entschieden uns für den Wanderweg rund um den Gartower See. Es war eine gute Entscheidung, denn das schöne Naturschutzgebiet am See kompensierten den Aufwand.
Nach dreieinhalb Kilometern waren wir dann wieder am Wohnmobil und fuhren weiter zum Grenzlandmuseum Schnackenburg.
Obwohl das Wetter immer noch sehr gut war, war in Schnackenburg so gut wie nichts mehr los. Das sorgsam eingerichtete Museum im alten Fachwerkhaus hält die Erinnerung an die 45 Jahre dauernde Teilung Deutschlands an den Eisernen Vorhang und den kalten Krieg wach. Die Dokumentation ist eine Zeitreise in die Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung. Auch gerade das Corona-Jahr trug nicht dazu bei, für viel Tourismus in dieser Ecke zu sorgen. Das Ausflugsboot lag am Ufer und brachte keine Gäste. Im Ort (etwa 600 Einwohner) sahen wir nicht ein einziges Café. Uns schien es hier ein bisschen ein verlorener Posten zu sein, jedenfalls in dieser Zeit.
Wittenberge (Prignitz)
Auf nach Wittenberge in der Prignitz. Mittlerweile hatten wir den 22. September und unser Plan war, dort direkt auf dem schönen Stellplatz an der Elbe zu übernachten, und hatten auch Glück, es gab noch freie Plätze. Auch hier kannten wir uns von einem vorherigen Besuch ein wenig aus. Das Restaurant am Hafen war coronabedingt nicht mehr auf Kaffeegäste ausgerichtet, draußen gab es lediglich richtige Mahlzeiten, für uns zu früh gegen 16 Uhr.
Für Wittenberge (ca. 17.000 Einwohner) muss man sich Zeit nehmen. Es gibt mehr zu entdecken, als man auf den ersten Blick wahrzunehmen scheint. Der Hafen an Elbspitze bietet einen wunderschönen Blick auf die Elbe und seine faszinierende Auelandschaft. Ein malerischer Spazierweg führt am Ufer entlang. Zu den Sehenswürdigkeiten gehören unter anderem die Märkische Ölmühle, das Rathaus im Zentrum, der Uhrenturm und das Stadtmuseum „Alte Burg“. Ein Stadtbummel lohnt sich auf jeden Fall, wie Fredericks Fotos zeigen.
Nach einer ruhigen Nacht und einem leckeren Frühstück stand nochmals ein Stadtrundgang auf dem Plan. Die Sonne schien und wir schauten uns Teile der Stadt an, die wir bisher noch nicht gesehen hatten. Gegen 14 Uhr waren wir zurück am Stellplatz und machten uns bereit für die Weiterfahrt.
Perleberg
Endlich, es war ein langgehegter Wunsch, ging es jetzt nach Perleberg. Mit 12.000 Einwohnern ist sie, nach Wittenberge, die zweitgrößte Stadt im Landkreis. Ein kleiner aber feiner Stellplatz am Rande der Altstadt machte es leicht für uns, das Wohnmobil für die Dauer unseres Besuchs sicher abzustellen.
Die Altstadt ist beeindruckend. Wir bewunderten den roten Backsteinbau der Kirche und das danebenliegende, historische Rathaus. Und hier gab es dann endlich mal wieder ein schönes einladendes Café für uns. Wir genossen Kaffee und Kuchen an einem winzigen Tisch draußen auf dem Gehweg vor dem Café.
Auch Perleberg verdient sicher mehr Besucher, denn die Gassen und alten restaurierten Fachwerkhäuser sind wunderschön. Ein altes verträumtes Städtchen mit historischem Stadtkern.
Grabow
Auf der Weiterreise nach Hause konnten wir wieder mal nicht an Grabow vorbeifahren. Wir blieben diesmal für drei Übernachtungen. Während eines Stadtrundgangs hatten wir das Glück, mit der Museumsführerin ins Gespräch zu kommen. Sie lud uns ein, mitzukommen auf eine Besichtigung, obwohl es keine Öffnungszeit war. Das Museum ist liebevoll eingerichtet und betreut. Gerne kommen wir wieder, denn es gibt immer mal etwas Neues dort zu entdecken. Ein Besuch in diesem Museum empfehlen wir jedem Besucher der Stadt. Auch für Stadtführungen ist die nette Dame zuständig.
Wir kommen also wieder … nicht nur für die Grabower Küsschen (auch Schokoküsschen genannt), die man hier ab Fabrik kaufen kann. Seit 1835 sind die ”Grabower” eine traditionelle Marke für Schokoküsschen. Es gibt auch verschiedene Gebäcksorten, Waffeln und anderes dort. Auch hier sagen wir immer gern: Wir kommen wieder!
Von Grabow sind es nur etwas über zwei Stunden nach Malente. Es war eine sehr schöne Tour, an die wir uns sicherlich noch lange erinnern werden.
Hallo Ihr beide, dieser Reisebericht über Wendland und Prignitz war wieder einmal sehr sehr schön.
Die schönen Bilder und der Webseitenaufbau überhaupt, sind sehr schön und stimmig. Es macht Spaß zu lesen.
Vielen Dank dafür.
Lieben Gruß Klaus aus Sachsen Anhalt.
Hallo Klaus,
Danke für deinen netten Kommentar. Tut immer wieder gut, wenn man Unterstützung erfährt. Wir sind jetzt auf dem Weg nach La Marina bei Alicante. Dort werden wir drei Monate bleiben, um dem Winterwetter aus dem Weg zu gehen. Wir werden berichten.
Liebe Grüße
Anne und Frederick